Sunday, November 30, 2008

"Die Entscheide sind uns nicht leicht gefallen": Zur Vergabe der Schweizer Fernseh- und Radiokonzessionen

Dieses Blog hat weder Vollständigkeits- noch Aktualitätsanspruch, also kann ich es mir auch erlauben, auf die schon rund ein Monat zurückliegende Vergabe von Radio- und Fensehkonzessionen in der Schweiz hinzuweisen: Am 31. Oktober 2008 erteilte das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Konzessionen für jene Gebiete bzw. Frequenzen, für die es zwei oder mehr Bewerbungen gab (siehe dazu die Presseaussendung und die Übersicht über alle Entscheidungen auf der Website des BAKOM).

Das Vegabeverfahren war insofern interessant, als nach der Neufassung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) neue Auswahlkriterien zur Anwendung kamen - und außerdem ging es damit auch um deutlich höhere Förderungen, die dne privaten Veranstaltern in der Schweiz im Rahmen des sogenannten Gebührensplittings zukommen werden (insgesamt - Radio und Fernsehen - rund 32 Mio Euro). Art 45 RTVG sieht generell vor, dass bei mehreren Bewerbungen derjenige Bewerber bevorzugt wird, "der am besten in der Lage ist, den Leistungsauftrag zu erfüllen. Sind mehrere Bewerbungen unter diesem Gesichtspunkt weitgehend gleichwertig, so wird jener Bewerber bevorzugt, der die Meinungs- und Angebotsvielfalt am meisten bereichert."

In der Schweizer Medienszene hat es für einige Aufregung gesorgt, dass das UVEK unter Bundesrat Moritz Leuenberger die Bestimmung wirklich ernst genommen hat: so wurde "Tele Züri" (aus dem tamedia Konzern) bei der Fernsehkonzession für den Raum Zürich nicht berücksichtigt und ebenso ging Radio Energy - in der Schweiz zu Ringier gehörend - leer aus, begründet jeweils mit der starken Marktposition der beiden Verlagshäuser. Bundesrat (in österreichischer Teminologie entspräche das einem Bundesminister) Moritz Leuenberger begründete die Entscheidungen nicht nur in der Pressekonferenz, sondern auch in seinem Blog. Dass die Entscheidungen in der Presse nicht immer gut aufgenommen wurden, ist angesichts der betroffenen Verlagshäuser wenig überraschend, so etwa aus dem Verlagshaus Ringier (Blick), aus der tamedia-Gruppe (Bund-Blog 1, Bund-Blog 2); differenziertere Kritik auch in medienheft und medienspiegel; dass der Gewinner der Radiokonzession, Roger Schwawinski, das etwas anders sieht (hier oder hier) überrascht auch nicht.

Noch ein Zitat aus der Verfügung betreffend die Radiokonzession:
"Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass bei Gleichwertigkeit beide Elemente von Artikel 45 Absatz 3 RTVG gleichermassen ausschlaggebend sind, d.h. die inhaltliche Ausrichtung der beiden Programme und die strukturelle Unabhängigkeit der Bewerberinnen. In inhaltlicher Hinsicht (Bereicherung der Angebotsvielfalt) kann keine Bewerberin etwas für sich ableiten. Beide sprechen in ihrer musikalischen und programmlichen Ausrichtung je ein eigenes Zielpublikum an, welches im Versorgungsgebiet in dieser Form bisher noch nicht bedient wird. ...
Entscheidend ist aus diesen Gründen das zweite Element von Artikel 45 Absatz 3 RTVG, die grössere Unabhängigkeit einer Bewerberin. Energy gehört zu 51 Prozent der Ringier AG. Die Ringier AG ist eines der drei grössten Medienunternehmen der Schweiz. Im Printbereich zählen auflagenstarke Titel wie Blick, Sonntagsblick, Blick am Abend, Cash daily, Le Temps und il caffè dazu, ebenso zahlreiche Zeitschriften. Im Bereich der elektronischen Medien zählt nebst Energy und Radio for Youngsters auch das Berner Lokalradio BE1 zum Ringier Konzern. Beim Fernsehen ist die Ringier AG zu 50 Prozent an Sat.1, zu 33 Prozent am Teleclub und zu 30 Prozent an Presse TV beteiligt. Radio 1 gehört demgegenüber zur Radio Tropic AG, deren Inhaber zu 100 Prozent Roger Schawinski ist. Dieser ist überdies Aktionär und Verwaltungsratspräsident des Buchverlags Kein&Aber AG, welcher seit zehn Jahren besteht und der vor allem Belletristik und Hörbücher veröffentlicht.
Bei dieser Konstellation hat Radio 1 im Lichte von Artikel 45 Absatz 3 Vorteile. Gegen diese Sicht spricht auch nicht die Tatsache, dass sich die erwähnten Ringier–Medien in erster Linie an die ganze Deutschschweiz oder an andere schweizerische Sprachregionen richten. In der medialen Realität der Schweiz hat der Raum Zürich auch in den sprachregionalen Medien grosse Bedeutung, so dass die Verflechtung zwischen einem Lokalradio im Grossraum Zürich und auflagenstarken sprachregionalen Medien hier ins Gewicht fallen muss. Dies gilt insbesondere darum, weil bei Radio 1 praktisch keine Abhängigkeiten vorliegen."

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Thursday, November 27, 2008

"Pimperlbanken" vs. sorgfältig geführtes Unternehmen

"Ein gesundes Unternehmen mit entsprechenden Eigenmitteln und Reserven kann einen Abgang mitunter nämlich aus Eigenem verkraften - genau deshalb werden in 'guten Zeiten' Reserven gebildet, um wirtschaftliche Dellen auszuhalten." Also dozierte ORF-Kommunikationschef Pius Strobl im Falter diese Woche (in einer Reaktion auf einen in der Woche zuvor erschienenen Artikel) - die Hervorhebung des Wortes "mitunter" stammt von mir, das Wort ist mir erst beim zweiten Lesen aufgefallen, aber es wurde sicher mit Bedacht gewählt. Mitunter heißt hier wohl: manchmal schon, jetzt aber nicht - jedenfalls nicht in einer Zeit, wo "jede Pimperlbank" laut ORF-Generaldirektor "vom Staat Milliarden bekommt" (wen meint er? RZB? Erste Bank?).

Strobl, der in seinem Artikel penibel eine terminologische Unschärfe der Falter-Autorin bemäkelt, ist selbst übrigens auch nicht unfehlbar, etwa wenn er behauptet, dass der ORF "keinen Cent Schulden" und "keinerlei Verbindlichkeiten" habe (Jahresabschluss 2007: ORF 128 Mio Euro Verbindlichkeiten zum 31.12.2007, ORF-Konzern: 260 Mio - nicht aufregend, angesichts des Bilanzvolumens nicht hoch und überwiegend wohl aus dem regulären Betriebsablauf erklärbar, etwa bei Verpflichtungen gegenüber Lieferanten - aber "kein Cent" sieht anders aus).

Über die heute vorgestellten Sparpläne wurde in den den Medien ausführlich berichtet (zB Standard, Presse, Kurier, Kleine Zeitung, uva, auch ORF On [!] - und sogar Dilbert scheint sich heute gerade diesem Thema zu widmen), ich will das nicht näher kommentieren, nur drei kurze Anmerkungen:

1. Der Onlinedirektor wird dem bisherigen TW 1-Chef Werner Mück folgen (dieser wird "nach einer Kündigungszeit von einem Jahr in Pension geschickt"); er soll TW 1 zum Spartenkanal für Information und Kultur machen. Das klingt öffentlich-rechtlich, und das klingt jedenfalls so, als würde man es nicht mit den Werbeeinnahmen eines Senders mit deutlich unter einem Prozent Marktanteil finanzieren können. Wie man damit etwas einsparen wird, leuchtet mir nicht ein.

Derzeit dürfte der teuer erworbene kommerzielle Sender jedenfalls nur einen überschaubaren Erfolg bringen; der Jahresabschluss 2007 weist einen Jahresverlust der TW1 Betriebsführungs GmbH von 88.300 Euro aus und einen Überschuss der TW1 Tourismus Fernsehen GmbH von 106.600 Euro. Näher erläutert werden die Ergebnisse im Jahresabschluss nicht (und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der ORF noch immer keinen Geschäftsbericht für das Jahr 2007 veröffentlicht hat?); Details zu den finanziellen (und sonstigen) Bedingungen der vollständigen Übernahme von TW1 hat der ORF ohnehin nie bekannt gegeben. Einen (dafür notwendigen) gesetzlichen Auftrag zum Umbau von TW1 in einen "Informations- und Kulturkanal" gibt es nicht, das Regierungsprogramm meint dazu lediglich, dass die Möglichkeit dazu offen gehalten werden soll.

2. Teilprivatisierung: in der Presse wird dazu "Stiftungsrechtsexperte Heinrich Weninger" zitiert, der der Ansicht ist, dass das funktioniere, "wenn es sich um ein klar abgrenzbares Konglomerat handelt – etwa alle zu Ö3 gehörenden Rechte, Verträge, Mikrofone, Mitarbeiter etc.“ - und dass dazu "auch keine Änderung des ORF-Gesetzes notwendig" wäre. Good luck!
Natürlich ist theoretisch die "Veräußerung und Stilllegung von Unternehmen und Betrieben" (nach § 21 Abs. 2 Z 13 ORF-Gesetz mit Zustimmung des Stiftungsrats) möglich: aber erstens muss der Programmauftrag weiter erbracht werden, und zweitens ist eine Rechtsnachfolge in die Frequenznutzungsrechte des ORF durch einen privaten Käufer von Ö3 (oder ORF 1) ohne Gesetzesänderung nicht möglich. Der ORF ist, das hätte der Stiftungsexperte bedenken sollen, keine Privatstiftung.

3. "Der ORF ist in wirtschaftlicher und programmlicher Hinsicht ein sorgfältig geführtes Unternehmen", das versicherte vor nicht einmal einem halben Jahr der Vorsitzende des Stiftungsrates (die Bank, der er bis vor kurzem vorstand, ist wahrscheinlich nicht einmal eine Pimperlbank, da sie - jedenfalls meines Wissens - bislang noch keine "Milliarden vom Staat" bekommen hat).

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Wednesday, November 26, 2008

Die Gert statt der Bert: Telekom-Review im Rat

Etwa ein Jahr nachdem die Kommission ihre Vorschläge zur Reform des aktuellen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vorgestellt hat, sind die Vorbereitungen in der Ratsarbeitsgruppe (bzw. im COREPER) soweit gediehen, dass morgen im Rat eine politische Einigung erzielt werden könnte. Neben den Spielereien um die Bezeichnung der neu zu schaffenden europäischen "Regulierungsbehörde" (de facto ein Beratungsgremium, also eine stärker formalisierte ERG), die nun GERT (Gruppe Europäischer Regulierungsstellen für Telekommunikation) statt BERT heißen soll, sind durchaus auch ernste Fragen noch nicht endgültig geklärt, etwa zur Kompetenzaufteilung in der Frequenzverwaltung. Hier aber einmal ohne weiteren Kommentar die Links zu den aktuellen (Kompromiss-)Dokumenten, die dem Rat als Berichte vom COREPER vorliegen:
Im Hinblick auf die Universaldienstrichtlinie wurden zuletzt vor allem Fragen der Netzneutralität bzw der "three strikes" ("abgestufte Antwort" nach dem Modell "Loi Olivennes") diskutiert. Chris Marsden hat den im Telekompaket gewählten Zugang als "Net Neutrality lite" bezeichnet, und das trifft im Kern auch auf das Kompromisspapier im Rat zu: Verträge müssen nach Art 20 "Informationen über die Verkehrsabwicklungsstrategien des Anbieters" und auch über das Mindestniveau der Dienstqualität enthalten; die nationalen Regulierungsbehörden können nach Art 22 auch ein entsprechendes Mindestniveau festlegen und die Veröffentlichung vergleichbarer Informationen anordnen. Allerdings geht der Text offenbar davon aus, dass Änderungen der "Verkehrsabwicklungsstrategie" (traffic managment/shaping) auch bei aufrechtem Vertragsverhältnis zulässig sind, da nach Art 21 Abs 3 lit b nur eine Verständigung vorgesehen ist (bzw angeordnet werden kann), nicht aber eine vertragliche Vereinbarung, wie sie bei Leistungsänderungen an sich notwendig wäre.

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Public Value aus Hollywood? Struve, Sonne, Saure Gurken

Günter Struve, Ex-ARD-Programmdirektor, wurde im Juni dieses Jahres vom ORF als "Sachverständiger für das Qualitätssicherungssystem, den Public- Value-Test der ORF-Programme 2008 und 2009" (Zitat aus der APA-Meldung) bestellt (siehe dazu schon hier).

Seither hat man von Struve in Österreich nicht allzuviel gehört: im September erhielt er von den Medienfrauen von ARD, ZDF und ORF die "Saure Gurke", einen Preis, der alljährlich für frauenfeindliche Sendungen in den öffentlich-rechtlichen Medien verliehen wird, und dann gab es auch gelegentlich noch etwas Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der diversen Schleichwerbungsvorwürfe.

Aber das stört alles nicht weiter, denn die Bestellung Struves zum Sachverständigen für ein Qualitätssicherungssystem ist ohnehin nur verständlich, wenn man darin eine Art paradoxe Intervention sieht - das ist vielleicht so ähnlich, als würde man jemanden, dem "scheißegal" ist, ob die Jugend zuschaut, zum ORF-Programmdirektor bestellen.

Was Günter Struve konkret beim ORF tun soll oder vielleicht sogar schon tut (das Jahr 2008 geht ja bald zu Ende), entzieht sich meiner Kenntnis. Da ich versucht bin, der ORF-Imagekampagne zu glauben (Das Beste kommt erst!), hoffe ich aber noch darauf, dass vielleicht einmal etwas Transparenz in die Qualitätssicherungsarbeit des ORF einkehrt und auch die einfachen "Rundfunkteilnehmer" über die sicher zukunftsweisenden Gutachten des Sachverständigen Struve aufgeklärt werden.

Die Frage ist nur: kann Struve die Gutachten in Hollywood schreiben, oder muss er seine "Altersteilzeit in der Sonne" zwischendurch für Besuche im derzeit grauen Wien unterbrechen? Den Beratervertrag für die ARD mit Dienstort L.A. scheinen Herrn Struve offenbar nicht alle zu gönnen (Meedia schreibt etwa von einem überflüssigem Hollywood-Job) - aber irgendwo muss er sich ja die Expertise in Sachen "Public Value" aneignen!

PS: Die ARD hat jüngst das "ARD-Jahrbuch 08" veröffentlicht, auf gut 500 Seiten findet sich naturgemäß viel Eigenwerbung, aber auch manche brauchbare Information.

PPS: Das Bild links oben hat nichts mit Struve zu tun; der Link führt zu einer Website der Verbraucherschutz-Generaldirektion der Europäischen Kommission mit Infos über unlautere Geschäftspraktiken, unter anderem mit Filmchen, in denen auch Schleichwerbung thematisiert wird. Marienhof, Bankhofer, Emig und andere einschlägige Highlights aus Struves Zeit als ARD-Programmdirektor hätte man aber auch damit wohl nicht verhindern können.

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Monday, November 24, 2008

Regierungsprogramm 3: Medienrecht

Im dritten und (jedenfalls vorerst) letzten Beitrag zum Regierungsprogramm (siehe den ersten und zweiten Beitrag) noch ein Hinweis auf die medienrechtlichen Vorhaben. Die Regierung will hier - wie bei der parlamentarischen Medienenquete (siehe dazu hier und hier) erörtert - eine "Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes des Einzelnen im Medienrecht und des medienrechtlichen Schutzes von Opfern strafbarer Handlungen". Folgendes ist dazu vorgesehen:
  • eine effektivere Gestaltung des Sanktionensystems,
  • Einräumung von Befugnissen an die Polizei, Opfer vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Dritte mittels Wegweisung zu schützen,
  • Ausweitung der Identitätsschutzes auf Angehörige von Opfern und Angehörige von Tätern sowie weiters auf Zeugen von Strafverfahren,
  • Verlängerung der Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen,
  • Erstreckung der Prozessbegleitung nach der StPO auf medienrechtliche Verfahren.
Für Journalisten interessant ist auch der Punkt "Verbesserung der Informationssicherheit und des Geheimschutzes" im allgemeinen Justizkapitel; hier heißt es:
  • Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte und zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) sind Maßnahmen zur Geheimhaltung von Informationen in besonders sensiblen Verfahren(sstadien) sicherzustellen.
  • Durch organisatorische (technologische, personelle, bauliche) Maßnahmen sind Systeme qualifizierter Geheimhaltung einzurichten.
  • Der Beitrag des Strafrechts zum Schutz des Amtsgeheimnisses ist wirksamer zu gestalten.
Unter dem letzten Punkt wird wohl auch wieder diskutiert werden, inwieweit Journalisten für die Veröffentlichung von Informationen, die ihnen unter Verletzung des Amtsgeheimnisses zugespielt wurden, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollen.

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Regierungsprogramm 2: Zentrale Ziele, unter Vorbehalt

Nicht nur im Abschnitt Medien und Telekommunikation (siehe dazu in diesem Blog hier bzw diese Übersicht) finden sich im neuen Regierungsprogramm Vorhaben, die für diese Bereiche relevant sind. "Eine moderne Infrastruktur ist unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Österreich", heißt es an anderer Stelle, an der auch Telekommunikation zu den "Lebensadern unserer modernen Gesellschaft" gezählt wird. Im Kapitel Infrastruktur-Verkehr gibt es daher auch einen Abschnitt "Telekommunikation", in dem folgende "zentrale Ziele" angeführt sind:
  • In den bislang noch nicht ausreichend versorgten Regionen ist der Ausbau moderner Kommunikationstechnologien weiterhin zu stärken und generell die Nutzung anzuregen: bis 2013 soll die Versorgung der Bevölkerung mit Zugängen von zumindest 25 Mb/s erreicht sein. Dabei ist der Grundsatz "soviel Markt wie möglich, soviel öffentliche Förderung wie notwendig" anzuwenden.
  • Einrichtung eines erweiterten IKT-Kompetenzzentrums mit Regierungsauftrag, gemeinsam finanziert durch die betroffenen IKT-Unternehmen und öffentliche Mittel. Entwicklung von Nutzungs-Projekten mit Fachressorts, Forcierung der Nutzung und des Ausbaus von Breitbandtechnologie.
Freilich stehen gerade die zentralen Ziele ausdrücklich unter "Budgetvorbehalt", das heißt sie "können nur im Rahmen des dem jeweiligen Ressort zur Verfügung gestellten Budgets – z.B. durch Umschichtungen - durchgeführt werden".

Weitere Punkte im Telekommunikationskapitel:
  • Gerade im Zuge der Digitalisierung ist der Ausbau der Verbreitungswege (Breitband, Glasfaser) voranzutreiben. Österreich soll sich in der Spitze der IKT-Nationen positionieren und dazu den im Jahre 2007 aktualisierten IKT-Masterplan zur Förderung von Schlüsseltechnologien umsetzen.
  • Durch eine Novelle zum TKG sollen die optimalen Rahmenbedingungen für einen raschen und kosteneffizienten Breitbandausbau geschaffen werden. Weiters ist eine zeitgemäße Ausgestaltung des Telekom-Universaldienstes vorzusehen.
  • Insbesondere die österreichische Industriestruktur mit ihrem hohen Anteil an dezentralen KMU benötigt ein flächendeckendes, qualitativ hochwertiges Angebot an Kommunikationsinfrastrukturen, das gleichzeitig eine wettbewerbsorientierte Preisfindung für Konsumentinnen und Konsumenten ermöglicht.
Wohl durch die Post-Debatte inspiriert, findet sich übrigens auch ein allgemeines Bekenntnis zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse:
"Die Bundesregierung bekennt sich zur Sicherstellung von qualitativ hochwertigen, leistbaren, flächendeckenden und kosteneffizienten Dienstleistungen von allgemeinem Interesse."

Im Wettbewerbsrecht wird wieder einmal die Evaluierung der Situation angekündigt und eine "Reform der Wettbewerbsbehördenorganisation" mit einer "Stärkung der BWB". Im Justizkapitel heißt es aber: "Ermittlungsbefugnis (BWB) und Entscheidungsbefugnis (Kartellgericht) sind, um ein rechtsstaatliches Verfahren zu gewährleisten, wie bisher zu trennen. Der Kartellanwalt soll berechtigt sein, der BWB Ermittlungsaufträge zu erteilen." Ganz koordiniert wirken diese Positionen nicht.

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Sunday, November 23, 2008

Das neue Regierungsprogramm: Medien und Telekom

Kaum ist das neue Regierungsprogramm beschlossen, könnte man ein dort angeführtes Ziel auch schon als erreicht abhaken: denn um "den Medienstandort Österreich mit einer unverwechselbaren Medienlandschaft zu positionieren" bräuchte es wohl kein weiteres Tätigwerden der Regierung (nur ein paar Beispiele). Die wahre Herausforderung liegt allerdings im zweiten Ziel, das im selben Satz des Regierungsprogramms genannt wird - es gilt nämlich auch, den Medienstandort "attraktiv zu gestalten." Da kann man der neuen Regierung nur alles Gute wünschen, und mehr Erfolg als beim letzten Anlauf. Denn auch damals, vor rund 22 Monaten, gab es ziemlich ähnliche Ziele - ich habe eine kleine Tabelle angefertigt, mit einem Vergleich der in beiden Regierungsprogrammen enthaltenen Medien- und Telekom-Kapitel, die hier verfügbar ist.

Wer nur einen ganz schnellen visuellen Überblick will, kann auch die beiden word-clouds vergleichen: oben aus dem aktuellen Programm, und hier das aus 2007 (jeweils unter Verwendung von www.wordle.net):

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ORF-Übernahme nach AUA/Lufthansa-Modell? RTL hätte Interesse

"Verschenkt's den ORF, aber nicht an Raiffeisen!" meinte Anneliese Rohrer vergangenen Donnerstag anlässlich der Vorstellung von Harald Fidlers neuem Buch (siehe den Bericht hier). Von diesem Vorschlag scheint RTL ganz angetan zu sein - Zitat aus einer Presseaussendung des Hamburger Mediendienstes 'new business':
"Die RTL Group (Luxemburg) signalisiert Interesse an einem Einstieg beim österreichischen TV-Sender ORF 1. ... Hintergrund sind Überlegungen von politischer Seite in Österreich, den finanziell angeschlagenen öffentlich-rechtlichen ORF eventuell aufzuspalten und das erste Programm ORF 1 nach einer Teilprivatisierung mit einem strategischen Partner fortzuführen."
PS (edit): Falls den nichtösterreichischen LeserInnen das AUA/Lufthansa-Modell nicht bekannt ist: nachdem die Austrian Airlines noch vor etwa einem halben Jahr "optimistisch in die Zukunft" gesehen haben und die Verwalter des staatlichen 42,7% Anteils an der AUA angekündigt haben, sich "verstärkt auf eine nachhaltige Wertsteigerung" zu konzentrieren, aber mit ihrem "Know-how jederzeit für weitere Privatisierungen zur Verfügung" zu stehen (Zitate aus dem ÖIAG-Geschäftsbericht 2007, veröffentlicht im April 2008), wurde inzwischen bemerkt, dass die Republik noch 500 Millionen Euro drauflegen muss, damit die Lufthansa die AUA überhaupt nimmt.

update 26.11.2008: Mittlerweile hat RTL-Vorstand Gerhard Zeiler die "Übernahmegerüchte" dementiert (siehe zB hier oder hier). Im Standard wird ORF-Kommunikationschef Pius Strobl mit der Aussage zitiert, dass das Unternehmen(ORF) "keinesfalls an eine Ausgliederung von ORF 1" denke. Wäre ja auch etwas merkwürig, wenn der ORF selbst solche Überlegungen hätte, wo er doch gesetzlich verpflichtet ist, zwei Fernsehprogramme zu veranstalten und nicht einfach einen Teil seines Kernauftrags "ausgliedern" kann.

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Saturday, November 22, 2008

TW1: nicht zuviel ausgewiesene Werbung

Vor wenigen Wochen sah sich TW1, laut Geschäftsführer Prof. Mück ein "Prestigeobjekt des ORF", zu einer Aussendung veranlasst, in der es hieß: "Auf TW1 kann niemand Sendungen kaufen und es gibt nicht mehr als die im Gesetz erlaubten zehn Minuten ausgewiesene Werbung pro Stunde."

Ein wunderbarer Text (sieht man vom inhaltlichen Fehler mit den zehn Minuten ab, aber sollte man von TW1 wirklich die Kenntnis des rechtlichen Rahmens erwarten?) - und kein Wort zuviel, vor allem nicht das Wort "ausgewiesene". Nur ein kleines Beispiel, wie auf TW1 in einem "Magazin mit Information, Service & Unterhaltung" so informiert wird, ist zB ein Werbespot Beitrag über Dächer, in dem wohl nur ganz zufällig immer wieder (und nur) vom AlpenDachstein gesprochen wird (der Name des Herstellers, Bramac, taucht nur verschämt im Bild auf, aber er wird immerhin auf der Website des Produzenten genannt - siehe Screenshot links: "Film über Bramac Dachziegel in Treffpunkt Österreich auf TW1".) Als Werbung ausgewiesen war das jedenfalls nicht (wer die ganze Sendung vom 7.11.2008 sehen will: hier).

Nun sind solche bemerkenswert "unternehmensnahen" redaktionellen Beiträge auf TW1 keine Besonderheit, und in Sendeformaten wie zB "Haus & Bau" (mittlerweile offenbar eingestellt) oder der "gesunden halben Stunde" kann man wohl nichts anderes mehr erwarten. Interessant wird es aber, wenn nun auch in einer Informationssendung Beiträge gebracht werden, die vorgeben, zB ein gesundheitspolitisches Thema redaktionell zu behandeln:

In Treffpunkt Österreich am 14.11.2008 waren die ärztlichen Hausapotheken ein Thema. Schon in der Einleitung sprach der Moderator dramatisch von hunderten Ärzten, die wegen eines neuen Gesetzes (die letzte einschlägige Neuregelung stammt allerdings aus dem Jahr 2006) sofort oder in naher Zukunft ihre Hausapotheke schließen müssten - und im ganzen knapp fünfminütigen Filmbeitrag wird dieser Ton, der sehr an die Medienarbeit der Niederösterreichischen Ärztekammer erinnert, fortgeführt - gerade etwa zwanzig Sekunden kommt auch ein Vertreter der Apotheker zu Wort. Gefilmt wurde in der Praxis des Medikamentenreferenten der NÖ Ärztekammer in Wilfersdorf, wo die Ärztekammer schon im März dieses Jahres unter dem Motto "Patient in Not" informiert (oder laut Apothekerkammer: Panikmache betrieben) hatte. Auf der Website der NÖ Ärztekammer wurde der Fernsehbeitrag auch angekündigt.

Wie immer man zur Hausapotheken-Frage stehen mag: der Beitrag ist jedenfalls evident tendenziös (Transkript hier). Dass die Ärztekammer einen Beitrag geleistet haben könnte, darf man natürlich nicht annehmen. Also stellt sich nur mehr die Frage: Absicht oder Unfähigkeit? Und die grundsätzliche Frage zu TW1: ist dem ORF, der für dieses Programm verantwortlich ist, wirklich vollkommen egal, was dort passiert?

(Wahrscheinliche Antwort: ja, sieht ja eh fast niemand. Die ORF-Medienforschung gibt jedenfalls nicht einmal Quoten für TW1 an, nicht einmal bei den Sendern mit einem Marktanteil von unter 1%; TW1 ist ganz stolz darauf, im September 2008 - wegen der Parlamentsübertragung der reichweitenstärkste Monat - gemeinsam mit Sport plus einen KaSat-Marktanteil von 0,5% erreicht zu haben.)

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Negativer Public Value Test für lokalen Online-Videodienst der BBC

Mit dem "Public Value Test" (PVT) werden in Großbritannien neue Angebote der BBC daraufhin geprüft, ob ihr "public value" allfällige negative Auswirkungen auf den Markt überwiegt - ob also ein "öffentlich-rechtlicher Mehrwert" vorliegt (ORF-Generaldirektor Wrabetz hatte übrigens schon im vergangenen Jahr angekündigt, ab Jänner 2008 (!) alle neuen Angebote des ORF einem solchen Test nach Vorbild der BBC zu unterziehen, siehe dazu hier).

Mittlerweile dürfte sich beim ORF wie auch (immer schon) bei der BBC die Begeisterung für das recht aufwendige Verfahren in Grenzen halten, vor allem wegen des von der Regulierungsbehörde als Teil des PVT durchgeführten "Market Impact Assessment" (MIA). Dabei werden die voraussichtlichen Auswirkungen der geplanten neuen Angebote auf das Marktumfeld mit dem klassischen Analyseinstrumentarium der Regulierungsbehörde beurteilt, also unter Anwendung wirtschaftwissenschaftlicher Methoden auf der Basis möglichst umfassender Marktdaten. Anders als das manchen Beteiligten wohl vorgeschwebt ist, reicht es also nicht aus, einem ohnehin willigen eigenen Gremium der Rundfunkanstalt einige halbwegs plausible Annahmen grob verbal darzulegen.*)

In den bisher durchgeführten MIAs hatte Ofcom einmal eine fast schon euphorisch positive Stellungnahme abgegeben (das betraf ein digitales Fernsehprogramm in gälischer Sprache; siehe auch den Gesamtbericht) und in zwei weiteren Fällen eine eher neutral/differenzierte Position bezogen (einerseits zu HDTV, siehe auch den Gesamtbericht, und andererseits zu on demand-Diensten wie catch-up TV, simulcast TV over the internet und audio downloads; siehe auch dazu den Gesamtbericht). Das gestern veröffentlichte Statement zu lokalen Online-Videodiensten der BBC (summary hier; zum Beginn des Verfahrens siehe schon hier) ist nun jedoch deutlich negativ ausgefallen.

Mit dem lokalen Online-Videodienst würde die BBC nämlich nach Ansicht von Ofcom in einem ohnehin schwierigen Markt die kommerziellen (lokalen) Onlinedienste privater Unternehmen (vor allem lokaler/regionaler Zeitungen und lokaler Radio- und Fernsehstationen) konkurrenzieren, und zwar mit einem finanziellen Einsatz, mit dem die Konkurrenten nicht mithalten können. Conclusio:"Overall, we conclude that the launch of the proposal would have a significant negative market impact on commercial providers."

Zwar wären einige Modifikationen des Angebotes denkbar, und zwar vor allem einmal eine Verschiebung, bis die Werbeausgaben wieder "normale Höhen" erreicht haben, oder/und eine offensive Verlinkung zu anderen lokalen Anbietern. Aber auch das würde laut Ofcom nicht reichen: "We do not believe, however, that these modifications would be sufficient to offset the negative market impacts we have identified."

Der für die Gesamtbeurteilung zuständige BBC Trust hatte zuvor schon den Public Value skeptisch beurteilt: "Against the background of increased financial pressures on the BBC, the PVA [Public Value Assessment] concluded that the service would not create significant new reach or impact in return for the investment of licence fee funds."

Und so ist es auch nicht überraschend, dass auch das (vorläufige) Gesamturteil des BBC Trust negativ ausfällt. Die vorläufige Entscheidung des Trust steht nun bis zum 5. Jänner 2009 zur Konsultation. Eine erste kritische Reaktion darauf (mit weiterführenden Hinweisen) gibt es schon von Daithí Mac Sithigh auf LexFerenda.

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*) Sogar der deutsche Drei-Stufen-Test wird ohne ein Mindestmaß an sachkundiger Analyse nicht auskommen, die sich der WDR (laut DWDL) nun wenig überraschend vom Kölner Institut für Rundfunkökonomie zukaufen wird (zum Problem dieser Art der Experten-Auswahl hat sich übrigens Professor Dörr beim letzten Rundfunkforum geäußert, siehe hier [unten]).

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Thursday, November 20, 2008

Digitale Dividende

Mit "digitaler Dividende" bezeichnet man (etwas vereinfacht) das durch Abschaltung der analogen Fernsehsender freiwerdende Frequenzspektrum. Wieviel diese Dividende genau ausmachen wird, ist längst noch nicht klar, denn derzeit ist die Umsetzung der Fernseh-Digitalisierung entsprechend dem Genfer Plan aus dem Jahr 2006 (GE06) gerade erst im Gang. Und wofür die Dividende verwendet werden soll, steht auch noch nicht zwingend fest - mobiles Breitband ist der große Wunsch der Telekombetreiber, manche Rundfunkunternehmen träumen auch von der terrestrischen Verbreitung von HD-Fernsehen.

Eine wesentliche Entscheidung wurde schon getroffen: auf der Weltfunkkonferenz 2007 wurde in der Vollzugsordnung für den Funkdienst in der Region 1 (Europa und Afrika) der Frequenzbereich 790 - 862 MHz (also die derzeitigen Fernsehkanäle 61 bis 69) auch dem mobilen Funkdienst als primärem Dienst zugewiesen (damit sind in diesem Bereich nun der mobile genauso wie der feste Funkdienst und auch der Rundfunkdienst als primäre Funkdienste festgelegt). Wie in der internationalen Frequenzplanung üblich, sind allerdings lange Vorlaufzeiten vorgesehen: die Zuweisung (auch) an den Mobilfunkdienst wird erst mit 17. Juni 2015 wirksam, und in den GE06-Staaten (also ua allen europäischen Staaten) ist zudem das dort vorgesehene Verfahren einzuhalten, um tatsächlich Frequenzen für Mobilfunkdienste in diesem Band nutzen zu können.

Die Schweiz hat letzte Woche beschlossen, ihren nationalen Frequenzzuweisungsplan zu ändern und den Bereich 790 - 862 MHz nur mehr für den mobilen Funkdienst auf primärer Basis vorzusehen (Presseaussendung; auf der Website des BAKOM ist derzeit noch der Plan 2008 mit der Primärzuweisung "BROADCASTING" und der Sekundärzuweisung "Mobile").

In Österreich ist dieser Frequenzbereich bislang ausschließlich dem Rundfunkdienst zugewiesen (siehe die Anlage 1 zur FBZV). Wie es mit der Verteilung der digitalen Dividende weitergeht, wird auch Thema in der Vollversammlung der "digitalen Plattform" im Jänner 2009 sein.

Die britische Regulierungsbehörde, die ihre Digital Dividend Review schon 2006 gestartet hat und im Sommer 2009 schon Frequenzzuteilungen vornehmen will (für Frequenzen, die spätestens 2012 frei werden), beginnt mittlerweile auch schon mit der Vergabe von "geographic interleaved spectrum" - also Frequenzen, die zwar grundsätzlich im weiterhin für digitales Fernsehen genutzten Band liegen, aber in der konkreten Region nicht dafür gebraucht werden.

EU-Kommissionsmitglied Reding forderte recht offensiv eine Verteilung der digitalen Dividende zugunsten der Telekomanbieter - wenn auch mittlerweile mit Nuancen: Im Oktober hat sie erstmals zugestanden, dass eine 50:50 Verteilung möglich wäre. Die Hälfte des freiwerdenden Spektrums solle demnach dem Rundfunkdienst zugewiesen werden, die andere Hälfte neuen Anwendungen.

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VwGH: kein Programmentgelt, wenn ORF-Programme nicht empfangen werden können

Das ORF-Programmentgelt (der größere Teil dessen, was allgemein - wenn auch rechtlich unzutreffend - meist unter dem Begriff "Rundfunkgebühr" zusammengefasst wird) ist, so steht ausdrücklich in § 31 ORF-Gesetz, "unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen." Ob man also zuschaut oder nicht, ob das Programm gut oder schlecht ist (wie immer man das auch beurteilen mag), und ob die Pixel gelegentlich einfrieren oder ob - wie bei der Fußballball-EM - der Bildschirm auch eine Zeitlang ganz schwarz bleibt, ist für die Verpflichtung zur Zahlung des Programmentgelts nicht relevant. Eines aber bleibt jedenfalls Voraussetzung für die Entgeltpflicht: eine betriebsbereite Rundfunkempfangsanlage (siehe zur Rundfunkgebühr/zum Programmentgelt auch schon hier in diesem Blog).

Mit einem gestern veröffentlichten Erkenntnis (siehe dazu auch die Pressemitteilung) hat der Verwaltungsgerichtshof nun die Streitfrage entschieden, ob auch jemand, der zwar einen Sat-Receiver hat, aber mangels ORF-Smartcard das verschlüsselte ORF-Signal nicht sehen kann (und der weiters keinen analogen ORF-Empfang mehr hat und auch keinen DVB-T-Empfänger) zur Zahlung des Programmentgelts verpflichtet ist. Der VwGH hält dazu fest, "dass für die Zwecke des Programmentgelts eine betriebsbereite Rundfunkempfangsanlage nur dann vorliegt, wenn diese Anlage die Programme des ORF empfangen kann."

Da dies im Beschwerdefall nach den unbestrittenen Tatsachenfeststellungen der Behörde (Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern als Berufungsbehörde gegen den Bescheid der GIS) nicht gegeben war, war der Beschwerdeführer "daher nicht zur Entrichtung des monatlichen Programmentgeltes gemäß § 31 ORF-G verhalten, soweit von der Behörde dieser Bemessung ein Fernsehgerät zugrunde gelegt wurde."

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Wednesday, November 19, 2008

Post-Universaldienst in Europa

Vielleicht nicht uninteressant in der aktuellen Post-Universaldienstdebatte: ein Preisvergleich über die Universaldienstleistungen in Europa. Die portugiesische Regulierungsbehörde hat soeben eine Erhebung veröffentlicht, in der die Preise für Standard-Inlands- und Auslandsbriefe und für 2kg-Pakete verglichen wurden. Sowohl in den absoluten Beträgen, als auch bereinigt mit der Kaufkraftparität, kommt Österreich bei allen drei Leistungen im guten Mittelfeld zu liegen (jeweils eher knapp unter dem Mittelwert; die Studie ist in portugiesischer Sprache, die Tabellen sind aber auch für nicht Sprachkundige zu verstehen).

In diesem Zusammenhang noch eine kurze Anmerkung zur östereichischen Diskussion (siehe allgemein in diesem Blog dazu schon hier): Auf den ersten Blick mag die mediale Berichterstattung der letzten eineinhalb Wochen für die Österreichische Post AG nicht gerade positiv gewesen sein. Aber im Ergebnis brachte der Wirbel der Post AG einen strategischen Sieg auf der ganzen Linie - denn es scheint nun kaum mehr vorstellbar, dass das für den Frühling 2009 angekündigte neue Postmarktgesetz die wesentlichsten Forderungen der der Post AG (vor allem eine Verpflichtung aller neuen Anbieter, ihre Dienste flächendeckend zu erbringen) nicht berücksichtigen würde.

Mittlerweile wird dieser Ansatz, wonach eine Art Universaldienstverpflichtung jeden Anbieter treffen sollte, nämlich nicht mehr nur von der Post AG und den inneren Reihen der Arbeitnehmervertreter verfolgt, sondern hat etwa auch bei Vizekanzler und Finanzminister Molterer (der dabei wohl an die Dividende denken muss) Anklang gefunden; dieser meinte zB "Man müsse daher auch die Frage der Universaldienstverordnung prüfen, inwieweit sie nicht für private Anbieter in gleicher Weise zu gelten hat wie für die Post." Auch Alfred Payrleitner im Kurier vom 16.11. beispielsweise schließt sich der nun offenbar herrschenden neuen Meinung an, selbst wenn sie aus Sicht der klassischen Universaldienstlehre etwas schräg klingt: "Entweder Universaldienst für alle – oder kein Universaldienst." (!?) Ähnliche Beispiele lassen sich in fast allen Zeitungen finden, bis hin zum Wirtschaftsblatt. Dass der gegenwärtige Verkehrsminister (und seine kolportierte Nachfolgerin, die sich in diesem Zusammenhang auch zu Wort gemeldet hat), eine ähnliche Linie verfolgen, dürfte ohnehin nicht in Zweifel stehen. Ohne die Aufregung um die geplanten Postamtsschließungen wäre eine derart einheitliche Phalanx wohl kaum zu erreichen gewesen.

In der Diskussion ist auch wieder aufgefallen, dass die Differenzierung zwischen der Wahrnehmung von Aufgaben der Postregulierung (im Bereich des Verkehrsministers, teilweise durch Postbüro und Telekom-Control-Kommission) auf der einen Seite und Ausübung der Funktionen des Mehrheitseigentümers der Post AG (im Verantwortungsbereich des Finanzministers, bei der ÖIAG) auf der anderen Seite vielen Akteuren - ob Journalisten, Politikern oder (sonstigen) Instant-Experten für eh alles - ziemliche Schwierigkeiten macht. Auch der Unterschied zwischen einem zur Begutachtung ausgesandten Verordnungsentwurf (hier die Erläuterungen) und einer tatsächlich erlassenen Verordnung ist in den Medien oft verloren gegangen.

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Monday, November 17, 2008

Geheimsache "Internet-Deklaration"

Die sogenannte "Internetoffensive" hat im März dieses Jahres mit der Übergabe eines überdimensionierten USB-Sticks an Kanzler und Vizekanzler begonnen (s. Bild oben; die tolle Symbolik mit dem USB-Stick hat Helge Fahrnberger treffend so beschrieben: "Die Offliners wollen ins Internet"). Damals wurde für Anfang Oktober 2008 die ÖSTERREICHISCHE INTERNETDEKLARATION versprochen, die laut Aussendung von letzter Woche "planmäßig kurz vor der Fertigstellung" stand. Und heute ist sie angeblich tatsächlich fertig - aber obwohl wir es natürlich alle vor Spannung schon kaum mehr aushalten, müssen wir uns doch noch gedulden, denn (Zitat aus der Presseaussendung der Internetoffensive):
"Durch die Neuwahlen wird das fertige Papier jedoch nicht wie ursprünglich geplant im Herbst präsentiert, sondern erst nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen an die neue Regierung übergeben. Damit ist die Basis für eine längst überfällige IKT-Strategie für Österreich gelegt."
Eine starke Ansage: Eine IKT-Strategie (warum dann Internet- und nicht IKT-Offensive?) ist überfällig - und wir wissen zwar, wie sie ausschauen sollte, verraten es aber noch nicht. Denn erstens geht so eine Strategie nur die Regierung etwas an (Anmerkung: wir haben auch derzeit eine!), zweitens kann so eine Strategie gar nie überfällig genug sein, um nicht noch etwas damit zuzuwarten, und drittens könnte man ja bei einer Präsentation vor der Regierungsbildung vielleicht in die Verlegenheit kommen, den einen oder anderen Punkt im Koalitionsübereinkommen unterzubringen. Spricht also alles fürs Zuwarten, den USB-Stick mit der geheimen Internet-Deklaration kann man ja inzwischen im Tresor deponieren.

PS: Nächste Woche ist zB EU-Telekom-Ministerrat zum "Reformpaket" - hätten die Internetdeklaranten vielleicht eine Meinung zu den dort anstehenden Themen, zum Beispiel zur Frage "three strikes"/"riposte graduée" (s. dazu hier)? Welche Position BM Faymann für Österreich dazu im Ministerrat einnehmen wird, hat ihn offenbar von den österreichischen Medien auch noch niemand gefragt.
Eine interessante Analyse der aktuellen Situation zu dieser Frage gibt es übrigens von Open Rights Group UK (download hier). update 19.11.2008: noch zwei links zu papers von Monica Horten: Packaging up copyright enforcement - how the Telecoms Package slots in the framework for a European policy to restrict Internet content, and ANNEXE: Analysis of certain amendments in the Telecoms Package in respect of a copyright enforcement policy framework

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Sunday, November 16, 2008

Der Pitbull als public watch-dog: EGMR zum "Medienprofessor"

Mit Urteil vom 14. November 2008 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall KRONE VERLAG GMBH & CO. KG v. AUSTRIA (Appl. Nr. 9605/03) einstimmig (in der ersten Kammer) eine Verletzung des Art 10 EMRK festgestellt.

Liest man nur das EGMR-Urteil, so stellt sich der Fall - ganz knapp zusammengefasst - so dar: mögliche Unregelmäßigkeiten an einer öffentlich finanzierten Forschungseinrichtung werden von der Kronen Zeitung zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Dabei wird der Leiter dieser Forschungseinrichtung (von der Kronenzeitung eher abschätzig als "Medienprofessor" oder auch "der sogenannte Medienprofessor" bezeichnet) massiv angegriffen, er wird als "Spesenritter und Abkassierer" bezeichnet und es wird ihm nicht nur finanzielle Gier vorgeworfen, sondern zB auch, dass das von ihm verfolgte Projekt eines Bürgernetzes Kindern Zugang zu Internet-Pornoseiten ermöglichen würde. In zweiter und letzter Instanz spricht das OLG Linz dem "Medienprofessor" einen Entschädigungsbetrag nach § 6 MedienG in der Höhe von € 14.500 zu, da der "Medienprofessor" von der Kronenzeitung fälschlich ungerechtfertigter Bereicherung und wirtschaftlicher Unfähigkeit bezichtigt worden war. Die Kronen Zeitung hatte auch die journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie dem Betroffenen keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben hatte (die Urteilsveröffentlichung dokumentierte der "Medienprofessor" hier).

Für den EGMR ist einiges, was vom OLG Linz als (falsche) Tatsachenbehauptung beurteilt wurde, ein Werturteil, für das auch eine ausreichende Faktenbasis bestanden habe, da immerhin zwei Buchprüfungen Ungenauigkeiten ergeben hätten und tatsächlich hohe Reiseaufwendungen und Honorare angefallen seien. Und obwohl es ratsam gewesen wäre, eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen, reicht dies nicht aus, um das Recht der Medieninhaberin auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Das OLG Linz habe demnach den engen Beurteilungsspielraum ("narrow margin of appreciation") der EMRK-Mitgliedstaaten überschritten. Die Krone aber sei ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung als public watch-dog nachgekommen.

Angesichts der Kampagne, die von der "Krone" gegen den "Medienprofessor" geführt wurde, schiene zwar auch das Bild eines Kampfhundes angemessen - aber das Urteil des EGMR bestätigt, dass gelegentlich auch ein Kampfhund die Aufgaben eines Wachhunds erfüllt.

Der Hintergrund der Auseinandersetzung blieb vor dem EGMR vollkommen ausgespart - aber die Sache ist wohl ohne Hinweis darauf nicht wirklich vollständig: Der "Medienprofessor" (er ist natürlich nicht nur in Anführungszeichen ein solcher, sondern ein anerkannter Fachmann, der zB auch für den Europarat einschlägig tätig war, etwa beim Bericht über Medienvielfalt) hatte es nämlich gewagt, sich mit der Kronen Zeitung und ihrer Rolle in der österreichischen Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Er selbst setzt in seiner Chronologie den Beginn des Konflikts mit der Krone schon 1989 an, nach drei kritischen Büchern kulminiert die Sache jedenfalls im Jahr 1999 mit einem Lehrbuchbeispiel für Kampagnenjournalismus. Der "Medienprofessor" wehrt sich soweit es ihm möglich ist, und dokumentiert unter der Domain medienprofessor.at vor allem auch die einschlägigen Artikel der Krone (einschließlich eines typischen Wolf Martin "Gedichts"), die für sich sprechen. Die Klage der Krone folgt auf dem Fuß, denn durch die Faksimilie-Veröffentlichung der Artikel greift der "Medienprofessor" in deren urheberrechtlich geschützte Position ein (die Klage ist hier zu finden).

Die Sache geht bis zum OGH, der mit Urteil vom 12.6.2001 schließlich die Klage der Krone abweist. Bezeichnend für die Kampagne der Krone ist allein schon die Aufzählung der Artikel in den Entscheidungsgründen: "In den Ausgaben der 'Neuen Kronen Zeitung' vom 24., 25., 26., 27. 10., 5., 7., 8., 12., 19., 23. 11., 1., 2., 3., 7., 10., und 14. 12. 1999 erschienen Artikel, die sich mit der Tätigkeit und finanziellen Gebarung des Beklagten als Geschäftsführer der T***** GmbH befassten" ... Wesentlicher Rechtssatz der seither oft (unter der Bezeichnung "Medienprofessor") zitierten Entscheidung: "Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung kann einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch entgegenstehen."

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"Parachuting in" - Umbau der Regulierungsbehörde?

Angeblich haben sich SPÖ und ÖVP wieder einmal auf das Medienkapitel für ein gemeinsames Regierungsprogramm geeinigt (auch wenn es noch nicht klar ist, ob eine gemeinsame Regierung zustandekommt - aber auch das ist ja nicht wirklich neu).
Und wieder einmal soll es dabei auch Änderungen für die Medienbehörde geben, die "künftig nach europäischem Vorbild neu aufgestellt werden" soll.

Sollte das mit dem "europäischen Vorbild" ernst gemeint sein, dann scheint mir die Aufgabe nicht ganz einfach, denn die Medienbehörden bieten in Europa ein ziemlich vielfältiges Bild. Soll das Vorbild der französische CSA sein, der unter anderem die Einhaltung der Sprachregelungen und des Mindestanteils an französischen Chansons im Programm überwacht und sekundengenau über die Redezeit von Politikern im Fernsehen Buch führt? Die wunderbare Welt der Gremien, Räte und Kommissionen der deutschen Landesmedienanstalten mit ihren staatsfernen Präsidenten oder Direktoren, die bloß ganz zufällig früher in den Staats- bzw. Senatskanzleien tätig waren (zb Ring, Langheinrich, Hege, Schneider, etc.)? Oder orientiert man sich eher am technokratisch ausgerichteten britischen Ofcom, das wie ein Consulting-Business, mit geschäftsführenden und nicht geschäftsführenden Board-Mitgliedern, geführt wird? Nicht nur die Strukturen, auch die Aufgaben der Medienbehörden sind in fast jedem europäischen Land verschieden (vor allem auch in der Frequenzverwaltung oder der Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk).

Aber der Zeitung kann man auch entnehmen, dass die neue Medienbehörde "aus vier Senaten bestehen [soll], von denen einer für den ORF zuständig ist. Diese Kompetenz liegt bisher beim Bundeskommunikationssenat BKS. Die weiteren Senate sollen über die privaten Anbieter, die Telekom beziehungsweise die Post wachen."

Soll also eine Regulierungsbehörde für Rundfunk, Telekom und Post zuständig sein, dann bleibt wohl nur mehr ein anderes europäisches Land als Vorbild: Slowenien. Die Agencija za pošto in elektronske komunikacije (APEK), mit einem von der Regierung bestellten Direktor und zwei unabhängigen Kommissionen (eine für Rundfunk und eine für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste), reguliert dort auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Postmarkt.

Aber wahrscheinlich soll das "europäische Vorbild" nicht mehr bedeuten, als dass die Medienbehörde weisungsfrei gestellt wird, womit der einschlägigen Europaratsempfehlung entsprochen wird.

Wie man den möglichen Umbau einer Regulierungsbehörde nach einer Neuwahl auch angehen kann, zeigt aktuell wieder ein Blick in die USA. Das Übergangsteam des kommenden Präsidenten hat ein "FCC Agency Review Team" zusammgestellt, geleitet von Susan Crawford (in diesem Blog schon hier kurz vorgestellt) und Kevin Werbach, zwei Uni-Professoren mit einschlägiger praktischer Erfahrung. In der stets etwas martialisch formulierenden amerikanischen Presse werden die Agency Review Teams mit Luftlandetruppen verglichen, die ab kommender Woche abgesetzt werden: "parachuting in".

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Saturday, November 15, 2008

Angemessen ignorieren: wie der ORF mit der Causa Emmerich umgeht

Besser als mit dem nebenstehenden Bild von blog.bassena.org (CC-Lizenz) kann man den Auftritt von KKKlaus Emmerich in der Diskussion im ORF am Morgen des 5. November 2008 kaum illustrieren. Nun ist es in einer Live-Diskussion natürlich nicht zu verhindern dass sich ein Teilnehmer offen rassistisch äußert - aber dass weder der Moderator noch die anderen Diskutanten eine klare Antwort fanden, ist doch bemerkenswert.
Wie wahrscheinlich viele andere auch habe ich mich noch am selben Tag an den ORF gewandt und in einem höflichen Mail auch dringend um Information ersucht, in welcher Weise der ORF darauf reagieren wird. Es versteht sich wahrscheinlich von selbst, dass außer einem automatisierten Bestätigunsgmail ("Vielen Dank für Ihr E-Mail und Ihr Interesse an den Programmen des ORF. ... ist uns Ihre Meinung besonders wichtig und wertvoll ...") keine Reaktion erfolgte.

Mitdiskutant Hoffmann-Ostenhof, der immerhin seine mangelnde Geistegegenwart einräumt, meint nun zwar im Profil, der ORF habe sich "stante pede distanziert" - aber nicht nur ich kann das leider nicht erkennen. Auch der US-Botschafter, der in einem offenen Brief an Generaldirektor Wrabetz das Ausbleiben einer klaren Verurteilung kritisiert, hat bislang keine Reaktion des ORF wahrgenommen: "Außer einigen Medienberichten, in denen Ihr [Wrabetz'] Sprecher dahingehend zitiert wird, daß sich der ORF von Herrn Emmerichs Kommentaren 'distanziert', gab es jedoch keine solch kategorische Verurteilung."

Und wie reagiert der ORF nun darauf? Zitat derStandard.at: "Der Generaldirektor werde dem US-Botschafter selbstverständlich auf dessen Brief antworten, meinte Strobl dazu: 'Die Frage, was wir für angemessen halten, obliegt aber dem ORF'."

Vielleicht könnte sich der ORF aber auch in einer Form äußern, die ihm meines Erachtens wirklich angemessen wäre: mit einer Sendung, in der die rassistische Entgleisung des Ex-Korrespondenten zum Thema gemacht wird - und überhaupt mit einem Programm, dass dem Auftrag des ORF-Gesetzes zur "Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens" gerecht wird.

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Friday, November 14, 2008

Umfärbung - was man von den USA lernen könnte

Wenn in Österreich eine neue Regierung ihr Amt antritt, ist schnell einmal vom "Umfärben" die Rede - und sogar wenn nun die SPÖ/ÖVP-Koalition fortgesetzt werden sollte, gibt es offenbar einige Umfärbe-Überlegungen. Von solchen Spekulationen betroffen sind zB auch manche ORF-Direktoren und der ORF-Generaldirektor (siehe zB Standard und Presse). Die rechtlichen Fragen, wie so eine "Umfärbung" des ORF ablaufen könnte, sind nur auf den ersten Blick etwas komplex; im "Notfall" würde wohl einfach das Gesetz geändert, um eine politisch akkordierte Vorgangsweise zu ermöglichen (Vorbild 2001), sodass es müßig ist, hier derzeit etwas dazu zu überlegen.

Einen Überblick darüber, welche Jobs die Regierung zu vergeben hat und allenfalls umfärben kann, muss man sich in Österreich aber mühsam zusammensuchen (einige Beispiele beim Standard hier). In den USA gibt es dazu das Plum Book, offiziell vom Government Printing Office (GPO, eine Art Staatsdruckerei) herausgegeben und nach jeder Präsidentenwahl neu aufgelegt. Es enthält "United States Government Policy and Supporting Positions", eine Aufstellung der Positionen, die politisch von der neuen Administration vergeben werden können, mit Angaben zu laufenden Verträgen (und deren Ende), zum Gehalt und zum Ernennungsmodus (zB Präsident mit Senatszustimmung, Präsident allein, etc.). Außerdem ist natürlich angegeben, wer gerade diese Positionen besetzt.

Aus der Sicht dieses Blogs interessant sind zB die Listen für die Postregulierungskommission, das United States Postal Service, die Federal Communications Commission oder das Broadcasting Board of Governors. Gerade frei ist zB der Vorsitz im Advisory Board for Cuba Broadcasting, allerdings mit mickrigen 66 $ Sitzungsgeld pro Tag; siehe auch die Erklärung der Abkürzungen und die Gehaltstabelle. Der Chairman der FCC verdient demnach übrigens jährlich 158.500 $, also etwa 126.000 € nach aktuellem Kurs.

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Thursday, November 13, 2008

EuGH zur polnischen Regulierungsbehörde - Kommission nur teilweise erfolgreich

Die nationalen Regulierungsbehörden (NRB) nehmen im gemeinschaftlichen Telekomrecht eine zentrale Rolle ein - und die Kommission wacht daher besonders genau darüber, dass die Mitgliedstaaten den NRBs auch tatsächlich alle nach den Richtlinien notwendigen Befugnisse - aber auch nur diese - einräumen. Schon in mehreren Fällen hat die Kommission in diesem Zusammenhang Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, besonderes Interesse gilt dabei natürlich der Rechtssache C-424/07 Kommission/Deutschland ("Regulierungsferien"), außerdem ist noch eine Sache anhängig, in der es um die Unabhängigkeit der NRB geht (C-309/08 Kommission/Polen).

In den beiden bereits vom EuGH entschiedenen Vertragsverletzungsverfahren war die Kommission allerdings nicht sehr erfolgreich. Gegen Finnland verlor die Kommission schon im Jänner dieses Jahres zur Gänze (siehe dazu hier), heute hat der EuGH der Kommission im (diesbezüglich ersten) Verfahren gegen Polen (C-227/07) auch nur teilweise Recht gegeben.

Der EuGH kam zum Ergebnis, dass die Republik Polen Art. 4 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie 2002/19/EG nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat. In dieser Bestimmung ist vorgesehen, dass die Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze berechtigt und auf Antrag verpflichtet sind, über die Zusammenschaltung zu verhandeln; im polnischen Telekom-Gesetz wurde diese Verpflichtung über die Zusammenschaltung hinaus auf den gesamten Zugangsbereich ausgedehnt - eine solche Verpflichtung müsste aber gegebenenfalls erst durch Entscheidung der NRB nach einem Marktanalyseverfahren auferlegt werden.

Mit der zweiten Rüge ist die Kommission allerdings abgeblitzt. Die Kommission sah nämlich auch Art Abs 1 erster Unterabsatz der ZugangsRL als nicht ausreichend umgesetzt, da das polnische Telekom-Gesetz einen recht komplexen Mechanismus vorsieht, wenn sich Unternehmen nicht auf Zugangsvereinbarungen einigen können (Verhandlungspflicht, Fristsetzung durch den Regulator, behördliche Entscheidung über den Zugang dann nur auf Antrag eines Beteiligten). Diese Bestimmungen seien einerseits zu weit (weil die NRB nicht in jedem Fall solche Zugangsentscheidungen treffen dürfe, sondern nur bei Vorliegen beträchtlicher Marktmacht oder sonst unter der Voraussetzung des Art 8 Abs 3 ZugangsRL), andererseits zu eng (da die NRB auch eingreifen können müsse, wenn kein Rechtsstreit zwischen Unternehmen anhängig sei).

Für den EuGH war das zuwenig: Art 5 Abs 1 Unterabsatz 1 sieht nämlich "nur eine allgemeine Ermächtigung der nationalen Regulierungsbehörden zur Verwirklichung der Ziele des Art. 8 der Rahmenrichtlinie im besonderen Rahmen des Zugangs und der Zusammenschaltung vor." Der polnischen Regulierungsbehörde sind auch in den Art 26 bis 30 des polnischen Telekom-Gesetzes "weitgehende Interventionsmöglichkeiten" eingeräumt. Und die Kommission hat sich schließlich
"auf das Vorbringen beschränkt [...], dass Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Zugangsrichtlinie nicht durch eine allgemeine Rechtsvorschrift umgesetzt werden könne, sondern nur durch eine Bestimmung, die angebe, zu welchen Entscheidungen die nationale Regulierungsbehörde ermächtigt sei, und nicht aufgezeigt [...], dass die betreffenden Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes die Ziele der Rahmenrichtlinie nicht verwirklichten".
Sie hat damit rechtlich nicht hinreichend dargetan, dass diese Bestimmungen keine ordnungsgemäße Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Zugangsrichtlinie sind.

Der EuGH folgte in dieser Sache den Schlussanträgen von Generalanwalt Colomer, der in seiner üblichen blumigen Sprache darauf hingewiesen hatte, dass es darum gehe, "die Lösung herauszuarbeiten, die das gemeinschaftliche Normengeflecht gleich einem zu hebenden Schatz in sich birgt." Und er hatte auch gleich die Mahnung für die Leser, in der Form eines Zitats von so Quevedo y Villegas: „Nicht der ist Philosoph, der weiß, wo der Schatz liegt, sondern der, der arbeitet und ihn birgt. Doch nicht einmal dieser ist es vollständig, sondern der, der ihn richtig nutzt, nachdem er ihn in Besitz genommen hat.“

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Tuesday, November 11, 2008

ORF - Sch...öne Geschäfte im Internet?

Schon bemerkenswert: Wolfgang Lorenz bedauerte vor ein paar Tagen, dass sich die Jugendlichen ins "Scheiss Internet" verkriechen - und heute erfährt man aus einer Aussendung des ORF, dass sich das Angebot des ORF in eben diesem ScheissInternet eines "beständigen Zugewinns an Reichweite und Nutzungsintensität" erfreut.

Auch die dort erzielten Werbeeinnahmen - auf die der ORF laut Pressemeldungen auch verzichten würde, sofern ihm im Gegenzug eine Erhöhung der TV-Werbezeit zugestanden würde - werden allerdings kaum mehr als einen symbolischen Beitrag zur Verringerung des voraussichtlichen Verlusts für das Jahr 2008 (Erwartung derzeit laut Standard: 100 Mio) leisten. Mit konkreten Zahlen ist der ORF gegenüber der Öffentlichkeit immer sehr zurückhaltend, und so wurde etwa bis heute (11. November 2008!) noch nicht einmal der Geschäftsbericht für das Jahr 2007 veröffentlicht (geschweige denn der [Konzern-]Lagebericht). Die letzten Informationen zur wirtschaftlichen Situation des ORF auf seiner Website betreffen das Ergebnis des 4. Quartals 2007 und die Genehmigung des Jahresabschlusses 2007 durch den Stiftungsrat.

Die letztverfügbaren offiziellen Daten sind damit jene des Jahresabschlusses 2007, der am 9. Juli 2008 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht wurde (online nur mehr den wenigen Abonnenten der Wiener Zeitung zugänglich). An Finanzanlagen sind da zB ganz überwiegend Miteigentumsanteile an diversen Fonds angeführt, wobei unter anderem rund € 164 Mio in Fonds veranlagt wurden, die von der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH verwaltet wurden (6,25% an dieser Kapitalanlagegesellschaft hält die Raiffeisenlandesbank Kärnten, der der Stiftungsratsvorsitzende des ORF bis vor wenigen Monaten als Generaldirektor vorstand); ca € 187 Mio wurden von Pioneer Investments (UniCredit-Gruppe) und ca. € 71 Mio von der ERSTE-Sparinvest verwaltet. Auch ohne die konkreten Fondsbestimmungen recherchiert zu haben, würde ich aber nicht annehmen, dass es sich dabei um besonders spekulative Anlagen gehandelt hätte, wie das nun gelegentlich vermutet wird.

PS: eben lese ich in den Oberöstereichischen Nachrichten vom Köpferollen in der Führung des ORF; Zitat: "Programmdirektor Wolfgang Lorenz wird pensioniert. Er hat sich jüngst mit Aussagen über das 'Scheiß-Internet' selbst disqualifiziert"

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Monday, November 10, 2008

Wolkige Facts: die RTR präsentierte das IKT Factbook

Zur Vorstellung des IKT Factbooks, des neuen Bandes der Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, hatte die RTR am 10. November auf "Wolke 19" geladen - der Blick war wunderschön (siehe auch das Bild nebenan), aber die Diskussion zum Thema "Informationsgesellschaft für alle?" blieb tatsächlich etwas wolkig. Das "Factbook" selbst (download hier) stellt im Wesentlichen Zahlenmaterial im Zusammenhang mit Informationstechnologien aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zusammen, geht also ein wenig über die Aufzählung von Handy-Penetrationsraten oder Statistiken zur Computernutzung hinaus. Nicht zufällig orientiert sich die Gliederung wohl an den Bereichen, die auch in der sogenannten Internetoffensive thematisiert werden (die "Internetdeklaration", die bis Anfang Oktober 2008 hätte ausgearbeitet werden sollen, steht übrigens laut Aussendung von heute angeblich "planmäßig kurz vor der Fertigstellung").

Zusätzlich gibt es im Factbook auch kurze Beiträge von ExpertInnen aus den angesprochenen Bereichen - hier [fast] ohne Kommentar die Eröffnungssätze einiger dieser Beiträge:
  • "Informations- und Kommunikationstechnologien sind heute aus unserer Alltagswelt nicht mehr wegzudenken."
  • "Die Informationstechnologie bleibt spannend."
  • "Wie kaum ein anderer Bereich sind Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nicht nur bereits heute ein zentraler Bestandteil der Gesamtwirtschaft, ...." [der längste Satz - es kommen noch 20 weitere wolkige Worte - kommt natürlich von einer Vertreterin der Wissenschaft; JuristInnen, die da leicht hätten mithalten können, wurden offenbar nicht gefragt]
  • "Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind für wirtschaftliches Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung von außerordentlicher Bedeutung."
  • "Das Internet ist aus unser aller Alltag nicht mehr wegzudenken." [Wolfgang Lorenz würde sagen: sch...ade]

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Telekom-Paket: geänderte Kommissionsvorschläge

Letzten Freitag stellte die Europäische Kommission ihre geänderten Vorschläge zum sogenannten "Telekom-Paket" vor (siehe dazu die Presseaussendung der Kommission). Die Kommission reagiert damit auf das Ergebnis der Beratungen des Europäischen Parlaments, das in erster Lesung am 24. September einige weitreichende Abänderungen beschlossen hat. Die Kommission akzeptiert einige Änderungen, einige nur mit neuerlichen Änderungen, und zahlreiche Änderungen werden auch völlig abgelehnt. Am 27. November 2008 wird nun der Rat das Paket erörtern (erste Lesung; zum grundsätzlichen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens siehe das Schema hier). Die Kommission strebt jedenfalls an, das ganze Paket noch vor den Europawahlen im kommenden Jahr durchzubringen, daher sind auch einige Änderungen vorgesehen, die zumindest auf den ersten Blick als Zugeständnisse an die Mitgliedstaaten und das Parlament gesehen werden könnten. In der Presseaussendung werden die aus Sicht der Kommission wesentlichen Punkte zusammengefasst; der Teufel steckt freilich in der Regel in den Details (und Monica Horten hat zum Beispiel auch schon eine interessante Frage im Hinblick auf das Amendment 138 aufgeworfen: "Reding deals a split hand on citizens' rights").

Ich werde die Details erst zu einem späteren Zeitpunkt prüfen können, hier daher nur einmal die Links auf die Texte:

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Sunday, November 09, 2008

ORF-Programmdirektor: "Scheiß Internet" - "aber wir verkaufen auch Klopapier"

Dieses Posting ist vielleicht ein wenig unappetitlich, aber es geht eben um Aussagen von ORF-Programmdirektor Prof. Wolfgang Lorenz, in denen das "s-word" gefallen ist (bei Lorenz ist das auch weiter nicht ungewöhnlich, siehe zB auch hier; sein Sager zum Klopapierverkauf ist übrigens hier). Beim ORF-Dialogforum zum Thema "Jugend, Medien und Öffentlichkeit" am vergangenen Freitag sollte es laut Ankündigung unter anderem darum gehen, wie öffentlich-rechtlicher Rundfunk den "generation gap" oder auch den "technology gap" überbrücken kann, "um wieder einen Kommunikationskanal zu schaffen, der die Menschen direkter anspricht".

Das mit der direkten Ansprache ist vielleicht gelungen, das mit dem technology gap und generation gap scheint der bald 65jährige Programmdirektor nicht ganz hingekriegt zu haben: Sebastian Bauer berichtet auf seinem Blog über eine nicht weiter sensationelle Veranstaltung, bis

"auf einmal Prof. Wolfgang Lorenz, der Programmdirektor Fernsehen des ORF, von einem 'scheiß Internet' zu reden beginnt. Hat er das gerade wirklich gesagt, 'scheiß Internet'? Er hat! Und wird nicht müde es zu wiederholen, er redet sich geradezu in Ekstase. Die Jugend von heute sei nicht in der Lage sich richtig zu artikulieren. Außer in Postings im Internet. Und ihm sei es 'scheißegal', was wir in diesem Internet machen würden.
Auf heftigen Widerspruch aus dem Publikum und die Feststellung, dass man im Internet interessantere Angebote finden würde als sie der ORF biete, folgte der Sager des Abends. 'Es ist mir scheißegal, ob Sie zuschauen oder nicht.' Wortwörtlich hat er es so gesagt, der Programmdirektor des ORF."

Die Darstellung wird von einem Teilnehmer der Diskussion, Heinz Wittenbrink, ausdrücklich bestätigt; die Diskussion in den Blogs ist eröffnet (zB 1, 2, 3). Die APA (hier im Standard wiedergegeben) fand die Äußerungen des ORF-Programmdirektors offenbar nicht im Wortlaut berichtenswert, sondern fasste das so zusammen: "ORF-Programmdirektor Lorenz ging auf die Medienkraft des Internet nicht wirklich ein".

Für mich sind die Aussagen des ORF-Programmdirektors nur insofern interessant, als sich wieder einmal die Frage nach der Internet-Strategie des ORF stellt - angesichts des laufenden Beihilfenverfahrens wäre eine konsistente Position des österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks vielleicht ganz angebracht. Derzeit könnte man die Position des ORF - zusammengefasst aus Aussagen des Generaldirektors und des Programmdirektors - vielleicht so zusammenfassen: "Fernsehen ist ohne Scheiß-Internet in Zukunft nicht denkbar." Und: "Scheißegal, ob wer zuschaut, die Quote ist wichtig."

Wolfgang Lorenz, der bekannt dafür ist, nicht an sich selbst zu zweifeln, und auch "nicht an eine mögliche Absturzgefahr" zu denken (und dem, eigenem Bekunden zufolge "jede Art von Publikumsverachtung zuwider" ist), konnte vor einem halben Jahr noch sagen, dass derzeit kein Mensch auf ihn losgehe. Vielleicht hat es damals gestimmt. Vielleicht stimmt es auch heute. Aber ob er heute immer noch glaubhaft behaupten kann, seine Programmreform sei "ein deutlicher Versuch, an die junge Generation anzuschließen?"

[update: 10./11.11.2008: weitere Medienberichte Die Presse, Der Standard, ChiLLi.cc; Blogs zB Bruckner, affectionista, medienpaedagogik, digiom, freshzweinull, heulnicht.6x.to, lost and found, maymar 1 - 3, lanu, datenschmutz, dasdenkfabrik.at, werbeblogger; twitter - zB diese Message; facebook; Fotos von der Diskussion]- und von monochrom: der "Wolfgang Lorenz Gedenkpreis für internetfreie Minuten"]

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Saturday, November 08, 2008

Aus aktuellem Anlass: Postamtsschließungen

"In die Diskussion um mögliche Schließungen von Postämtern hat sich nun auch die SPÖ eingeschaltet. SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos spart dabei nicht mit Attacken gegen die Regierung." Das war 2004, und Darabos wusste damals - mittlerweile ist er ja selbst Regierungsmitglied - auch, wo der Fehler lag: bei der Post-Universaldienstverordnung - die "Regierung" (richtig: der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) habe nämlich im Jahr 2002 eine Post-Universaldienstverordnung beschlossen, die lediglich eine "ausreichende flächendeckende Versorgung" vorschreibe (ohne die Kriterien dafür zu konkretisieren). Werner Faymann, seit bald zwei Jahren Verkehrsminister, dürfte offenbar anderer Meinung gewesen sein, jedenfalls wurde die Post-Universaldienstverordnung auch in seiner Zeit als Minister nicht geändert und ist seit 2002 unverändert in Kraft.

Nun gibt es also die nächste Aufregung um geplante Postamtsschließungen: der Verkehrsminister solle weitere Schließungen mit Bescheid untersagen, wird dabei zum Beispiel gefordert, und der Gemeindebund zieht laut Aussendung auch eine Klage in Erwägung (gegen wen eigentlich?).

Ohne Kommentar dazu nur ein Hinweis zur Rechtslage: § 4 Postgesetz
verlangt vom Universaldienstbetreiber (Österreichische Post AG) ein Universaldienstkonzept, einschließlich Filialnetzkonzept, das der obersten Postbehörde vorzulegen - also nicht zwingend zu veröffentlichen - ist, und lässt Schließungen von Postämtern nur zu, wenn die kostendeckende Führung eines Postamtes dauerhaft ausgeschlossen ist und die Erbringung des Universaldienstes durch eine alternative Lösung (Post-Geschäftsstelle, Landzusteller, 'Mobiles Postamt' o. ä.) gewährleistet ist. Vor der Schließung eines Postamtes sind die bisher versorgten Gemeinden zu informieren, innerhalb von 3 Monaten sollen mit diesen alternative Lösungen gesucht werden. Der Verkehrsminister kann die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung dieser Kriterien verlangen. Nur wenn diese Kriterien nicht erfüllt oder die verlangten Nachweise nicht vorgelegt werden, kann er auch die Schließung eines Postamtes bescheidmäßig untersagen. § 3 Abs 4 der Post-Universaldienstverordnung führt dieses Verfahren noch näher aus, insbesondere wird dort festgelegt, dass auch den Gemeinden Unterlagen vorzulegen sind, die die fehlende Kostendeckungsaussicht belegen. Ein subjektives Recht der Gemeinden, den Verkehrsminister zur bescheidmäßigen Untersagung einer Postamtsschließung zu bewegen, ergibt sich daraus aber nicht (siehe den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.10.2005, 2005/03/0193).

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Thursday, November 06, 2008

Gesundheitsschutz im TKG? Und ein Nachtrag zur falschen oder nicht falschen "Krebsstudie"

Dass zwischen Umweltmediziner Dr. Oberfeld und den Mobilfunkbetreibern auch nach dem verglichenen Prozess in Sachen "Krebsstudie" (siehe hier) nicht gerade Freundschaft herrschen würde, war zu erwarten. Und schon am Tag des Vergleichsschlusses ist die Sache auch wieder eskaliert: Studie zurückgezogen, sagte das Forum Mobilkommunikation, Studie nicht zurückgezogen, konterte Oberfeld (bzw für ihn das Land Salzburg, das zumindest als Urheber der Presseaussendung aufscheint).

Am nächsten Tag veröffentlichte das FMK den Vergleichstext, begleitet mit ins Persönliche gehenden "Fragen" (zB "Wer glaubt noch an Dr. Oberfeld und seine Ergebnisse?"). Außerdem stellte das FMK eine chronologische Zusammenstellung auf seine Website, in der auch ein E-Mail-Austausch zwischen Dr. Oberfeld und Mobilkom vor der Studienfertigstellung wiedergegeben wird. Darauf folgte wiederum eine Aussendung des Landes Salzburg für Dr. Oberfeld, mit folgender Aussage:
"Eine Studie ist dann falsch, wenn falsche Schlüsse aus den zugrunde liegenden Fakten gezogen werden. Unter der Annahme der Existenz einer C-Netz-Mobilfunkanlage hat Dr. Gerd Oberfeld die richtigen Schlüsse gezogen. Aufgrund der nunmehrigen Erkenntnis, dass eine C-Netz-Anlage nicht vorhanden war, wird Dr. Gerd Oberfeld seine Schlüsse überprüfen und berichtigen."
Wenn ich das richtig verstehe, heißt das: "Angenommen, die der Studie zugrundegelegten Fakten wären zutreffend, so würden auch die Schlüsse stimmen." Für mich klingt das ein wenig nach den klassischen Ökonomen-Witzen, bei denen der auf einer Insel gestrandete Ökonom eine Dose aufmachen soll und sagt "nehmen wir an, wir hätten einen Dosenöffner" (der Ökonom Harold Furchtgott-Roth, damals FCC-Commissioner, hat auf diesem Witz übrigens einmal eine Keynote-Address vor dem American Law Institute aufgebaut: "Can-Opener Merger Review Law").

Dass die Ergebnisse einer Studie diskreditiert sind, heißt natürlich noch nicht, dass damit alles geklärt und unbedenklich ist. Dr. Gabriela Moser, Nationalratsabgeordnete der Grünen, wendet sich daher auch gegen "Versuche, das bisherige Nichtvorliegen gesicherter wissenschaftlicher Beweise für biologische Schäden fälschlicherweise in eine Unbedenklichkeit umzudeuten" und hat letzte Woche einen Antrag zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes eingebracht, der laut Aussendung der Parlamentskorrespondenz auf die "Verankerung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Berücksichtigung gesundheitlicher, ökologischer und anrainerrechtlichen Aspekte für den gesamten vom Gesetz abgedeckten Bereich" abzielt. Das klingt allerdings nach mehr als es tatsächlich ist. Der Entwurf bechränkt sich nämlich darauf, in der Zweckbestimmung des § 1 Abs 1 TKG 2003 kleine Ergänzungen vorzunehmen (hier fett hervorgehoben):
"Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, durch Förderung des Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation [derzeit: "elektronischen Kommunikation"] die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft in ganz Österreich mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Kommunikationsdienstleistungen unter Wahrung von Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Eigentum der Menschen und mit Bedachtnahme auf den Schutz der Umwelt zu gewährleisten."
Damit würden freilich weder Anrainer von Sendeanlagen Parteistellung im Genehmigungsverfahren erhalten, noch käme es sonst zu inhaltlichen Änderungen: "der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen" etwa muss beim Betrieb von Funkanlagen natürlich auch jetzt schon (vgl § 73 TKG 2003) gewährleistet sein. Der Vorschlag für eine TKG-Novelle scheint damit nicht viel mehr als eine Trägerrakete zu sein, um im Verkehrsausschuss wieder einmal über das Thema Mobilfunk und Gesundheit sprechen zu können.

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Wednesday, November 05, 2008

Entwurf für neue Rundfunk-Mitteilung der Kommission

Seit die Europäische Kommission im Jahr 2001 ihre Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (2001/C 320/04) veröffentlicht hat, wurden im Rundfunksektor einige Beihilfeverfahren geführt (siehe die Zusammenstellung der Kommissionsentscheidungen hier) und es gibt mittlerweile auch erste einschlägige Urteile des EuG (insbesondere die Rechtsachen T-442/03 SIC und T-309/04 (ua) TV2, siehe dazu hier und hier). Die Kommission hat daher nun - nach einer ersten Konsultation - einen Entwurf für eine neue Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlichrechtlichen Rundfunk vorgelegt (siehe dazu auch die Presseaussendung sowie ein Memo (FAQs) der Kommission). Bis zum 15. Jänner 2009 kann man dazu Stellung nehmen.

Große Überraschungen enthält das Dokument nicht, vor allem nach der Kommissions-Entscheidung zum deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk - und für Österreich der vorläufigen Auffassung der Kommission zur Finanzierung des ORF - sowie dem EuG-Urteil in der Rs T-442/03 SIC (das erst kürzlich ergangene Urteil T-309/04 TV2 konnte im vorliegenden Mitteilungsentwurf offensichtlich nicht mehr berücksichtigt werden) war die Linie vorhersehbar:

  • ungeachtet des Erfordernisses einer Einzelfallbetrachtung ist die staatliche Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter (auch wenn sie durch Gebühren von Teilnehmern erfolgt) in der Regel als Beihilfe anzusehen (außer wenn alle vier Altmark-Kriterien erfüllt werden)
  • bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt kommt es im Kern auf die Definition des Auftrags und die Betrauung des Unternehmens (beides obliegt im Fall des öffentlich-rechtlcihen Rundfunks den Mitgliedstaaten) sowie auf die Verhältnismäßigkeit an
  • Bei der Definition des Auftrags prüft die Kommission nur, ob "offensichtliche Fehler" vorliegen ("Dies ist u. a. bei Werbung, elektronischem Handel, Teleshopping, Sponsoring und Merchandising in der Regel der Fall."). Der Auftrag soll so genau wie möglich definiert werden, die Kommission akzeptiert jedoch - im Lichte der Rechtsprechung des EuG naheliegend - auch die Betrauung mit der Aufgabe, "ein großes Programmspektrum und ein ausgewogenes und abwechslungsreiches Programm zu bieten".
  • Die Bereitstellung audiovisueller Medieninhalte in Form linearer Dienste über
    neue Vertriebsplattformen und das Anbieten von Spartenprogrammen und Mediendiensten, die keine "Programme" im herkömmlichen Sinne sind (Online-Informationsdienste, nichtlineare Dienste und Dienste auf Abruf) ist auch als Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags zulässig, "sofern sie den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der jeweiligen Gesellschaft entsprechen und keine unverhältnismäßigen und für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht notwendigen Auswirkungen auf den Markt haben."
  • Auch entgeltliche Angebote können (im Ausnahmefall) unter den öffentlich-rechtlichen Auftrag fallen ("muss jedoch mit besonderer Vorsicht abgewogen werden"), als (wohl zulässiges) Beispiel wird der Zugang zu technologisch besodners fortschrittlichen Diensten genannt oder wenn zB beim Handy-TV Übertragungsentgelt des Plattformbetreibers verlangt werden. Keinesfalls als Teil des öffentlich-rechtlcihen Auftrags zulässig sind jedoch das Anbieten von "Premium-Inhalten" (wie dem Endspiel der UEFA Champions League) auf Pay-per-View-Basis oder "etwa die Veranstaltung von Gewinnspielen, an denen die Zuschauer durch Anrufen einer Telefonnummer mit erhöhter Gebühr teilnehmen können" (gebührenfinanziertes Call-In TV, wie es der ORF mit dem Quiz-Express angeboten hat, will die Kommission also nicht dulden)
  • Für neue Dienste ist eine vorgängige Prüfung durch die Mitgliedstaaten notwendig, wobei eine Konsultation mit den Betroffenen und die Veröffentlichung des Ergebnisses samt Begründung vorzusehen ist. Die Prüfung "sollte" von einer externen Stelle vorgenommen werden, die von der Leitung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt unabhängig ist. Ausnahmsweise (zu lesen als: zB in Deutschland) kann auch eine zur öffentlich-rechtlcihen Rundfunkanstalt gehörende Stelle mit der Prüfungsdurchführung betraut werden, wobei noch einige Vorkehrungen zur Sicherung der Unabhängigkeit notwendig sind (näher dazu in RNr. 62 des Mitteilungsentwurfs).
  • Auch die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags muss von einer geeigneten Behörde oder "benannten Stelle" kontrolliert werden, die unabhängig von der Rundfunkanstalt ist und "mit den erforderlichen Befugnissen und Ressourcen ausgestattet ist, um eine regelmäßige Kontrolle vorzunehmen und zur Gewährleistung der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nötigenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen zu beschließen (z. B. verbindliche Verpflichtungen, geeignete Sanktionen)."
  • Mischfinanzierung (Werbung und Gebühren) ist grundsätzlich zulässig, die Transparenz muss freilich gewährleistet sein. Damit in Zusammenhang legt die Kommission die Ausgliederung abtrennbarer kommerzieller Tätigkeiten nahe: "Daher ruft die Kommission die Mitgliedstaaten auf, eine funktionale oder strukturelle Trennung erheblicher und abtrennbarer kommerzieller Tätigkeiten als vorbildliches Verfahren in Erwägung zu ziehen."
  • Bei der Frage der Überkompensierung scheint mir im Lichte des jüngsten Urteils des EuG in der Sache TV2 noch ein gewisser Überarbeitungsbedarf gegeben. Der Kommissionsentwurf geht von der Höchstgrenze von 10% aus, die nur in speziellen Ausnahmesituationen (zB wenn eine Rücklage ausdrücklich für einmalige erhebliche Investition, etwa die Digitalisierung, gewidmet wird) überschritten werden dürfte (RNr. 95). Auch für die Verwendung der Finanzierungsmittel ist eine "regelmäßige und wirksame Aufsicht" zu gewährleisten.
  • "Um ... wettbewerbsschädliches Verhalten auszuschließen, fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, den allgemeinen Rahmen für den Erwerb, die Nutzung und die etwaige Sublizenzierung von Premium-Rechten durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten transparenter zu gestalten." (RNr. 103; in der englischen/französichen Fassung RNr. 102)
  • Und schließlich haben die Mitgliedstaaten auch "geeignete Mechanismen zur Verhinderung
    unangemessener Marktverzerrungen und zur Kontrolle des Marktverhaltens der
    öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einzurichten."

PS: Da die Kommission leider die Quellen nicht verlinkt, hier die wichtigsten im Mitteilungsentwurf referenzierten Dokumente mit den entsprechenden Links:

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Bleep them: FCC v. Fox

Jamie Oliver zum Beispiel geht mit dem Wort "fuckin" nicht gerade sparsam um (siehe zB hier oder auf YouTube) - aber: "Fucking hell ... it's fucking Great Britain", wie er (im Fernsehen) sagt. In den USA hingegen könnte er im Hauptabendprogramm jedenfalls nicht auf Sendung gehen, denn dass die wiederholte Verwendung des "f-word" absolut tabu ist, steht überhaupt nicht in Frage. Im Fall FCC v. Fox vor dem Supreme Court (siehe schon hier) ist demnach auch nur strittig, ob nicht schon die einmalige Verwendung von "f-word" oder "s-word" ("fleeting expletives") unzulässig sein soll.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Supreme Court am 4. November wurden die strittigen Wörter nicht einmal ausgesprochen, sondern tatsächlich nur als "f-word" und "s-word" bezeichnet. Das Transkript der Verhandlung ist hier verfügbar (alle Dokumente zum Fall gibt es im SCOTUS Wiki). Offensichtlich ganz im Ernst wurde zB über die Frage diskutiert, ob das f-word immer im ursprünglichen Wortsinn gemeint ist, was schließlich nicht einmal der FCC-Vertreter behaupten wollte:
"it certainly can be used in a non-literal way. It can be used in a metaphorical way, as Cher used it here, to say 'F them' to her critics."
Aber, so die Ansicht der FCC, gerade bei Veranstaltungen wie den hier fraglichen Galaevents zur Verleihung von Awards ist es den Rundfunkanstalten schon zumutbar, eine Zeitverzögerung vorzusehen - eine Methode, die offensichtlich nicht allen Richtern bekannt war:
"GENERAL GARRE [Anm: Solicitor General, für die FCC]: With respect to live entertainment programming, Justice Breyer, you can do what the networks now do, which is to have a tape delay which permits you to bleep out isolated or offensive --
JUSTICE BREYER: So, what they -- what they now -- they now do this? In other words, whenever they cover a baseball game, whenever they cover anything live, they have to have some kind of tape system or for the Emmys, everything is on tape and it's all delayed five seconds?
GENERAL GARRE: No. It varies based on the type of programming. For example, the Commission has acknowledged -- and this is at pages 94 to 95a of the petition appendix -- that their -- that breaking news coverage is different and that it will not approach it --
JUSTICE BREYER: I'm not talking about breaking news coverage. I guess I'm talking about, you know, any one of -- they cover the wrestling matches, they cover -- you see what I'm driving at. And I would like to know what is the state of the art? You are saying the state of the art is right now when I turn on my television set, they all use a delay.
GENERAL GARRE: Well, I don't think --that's not --
JUSTICE BREYER: Or are you saying they all have to use a delay?
GENERAL GARRE: In a show like the Billboard Music Awards, they will use a delay. And since the incidents in this case, the 2003 and 2002 instances, the networks have gotten more people who are on hand to bleep isolated expletives.
JUSTICE SCALIA: They had a 5-second delay at the time these things occurred, didn't they?
GENERAL GARRE: They did, and I think --
JUSTICE SCALIA: And it wasn't -- it wasn't that they weren't fast enough or something?
GENERAL GARRE: Well, if you look at the Nicole Richie example, they actually bleeped one word that was used, I believe --
JUSTICE SCALIA: Right, right.
GENERAL GARRE: -- before she got to the other two words. But at that time they only had one person working the bleeping machine or whatever it is they call it.
(Laughter.)"
Wie zu erwarten war, versuchte Justice Scalia (wie auch Chief Justice Roberts) schon in den Fragestellungen möglichst FCC-freundlich zu sein, kritisch hakte vor allem Justice Ginsburg nach, die immerhin die Vorgangsweise der FCC als wenig gereimt bezeichnete:
"So that there seems to be very little rhyme or reason to when the Commission says that one of these words is okay and when it says it isn't."
Die Frage, ob und mit welcher Rechtfertigung der Redefreiheit des First Amendment im Fernsehen möglicherweise engere Grenzen gesteckt sind, wurde nur kurz erörtert: Justice Stevens verwies auf die Überlegung, dass die Frequenzknappheit dafür maßgeblich gewesen sein konnte - was Solicitor General Garre für Red Lion (395 U.S. 367) bejahte, aber schon für Pacifica (438 U.S. 726) in Zweifel zog: "as we read the decision, the Court did not rest so much on the scarcity rationale, but, yet, on the unique pervasiveness of broadcasting, the unique accessibility to children, and the fact that broadcasting invades the home in a way that other technologies do not."
Justice Ginsburg dazu trocken: "That was before the Internet."

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Monday, November 03, 2008

Krebsrisiko wegen (nicht existentem) Mobilfunksender? Studie zurückgezogen (oder nicht)

Die Untersuchung, so heißt es in der Zusammenfassung, sei "die weltweit erste Fall-Kontroll-Studie, die die Frage des Krebsrisikos im Zusammenhang mit einem Mobilfunksender mit Hilfe einer speziellen Berechnungssoftware sowie historisch nachgebildeten Messungen untersucht hat." Einziges Problem: es gab keinen Mobilfunksender.

Dr. Gerd Oberfeld, Umweltmediziner im Amt der Salzburger Landesregierung, hatte von der steirischen Landessanitätsdirektion den Auftrag bekommen, die Krebsinzidenz in den Gemeinden Hausmannstätten und Vasoldsberg zu untersuchen. Er wollte klären, "ob die Krebserkrankungen [...] eine zeitliche und örtliche Häufung darstellen und ob diese gegebenenfalls mit der in den Jahren 1984 bis 1997 betriebenen Mobilfunksendeanlage für das Autotelefonnetz in Verbindung stehen." Tatsächlich kam die im Jänenr 2008 veröffentlichte Studie (verfügbar auf zahlreichen mobilfunkkritischen Websites, zB hier oder hier) zu besorgniserregenden Ergebnissen; zusammenfassend konstatierte Dr. Oberfeld eine "signifikante zeitliche und örtliche Häufung von Krebserkrankungen im Bereich um das Wählamt Hausmannstätten [Standort des angenommenen Mobilfunksenders] sowie signifikante Expositions-Wirkungs-Beziehungen zwischen der Strahlungsexposition und dem Auftreten von Brustkrebs und Gehirntumoren."

Im Hinblick auf diese Ergebnisse war es nicht verwunderlich, dass die Mobilfunkbetreiber skeptisch waren - und bald darauf in die Offensive gingen: denn am angeblichen Senderstandort war laut Mobilkom Austria (im Hinblick auf die Mobilfunknetze Rechtsnachfolgerin der früheren Post- und Telegraphenverwaltung, die das "C-Netz" betrieben hatte) nie eine C-Netz-Antenne installiert. Da sich der Studienautor weigerte, die Studie zurückzuziehen, wurde von der Mobilkom Klage eingebracht. Laut heutigen Pressaussendungen der Mobilkom, des Forums Mobilkommunikation (FMK) sowie des Referats Gesundheit, Hygiene und Umweltmedizin des Landes Salzburg (für Dr. Oberfeld) wurde das Verfahren nun durch Vergleich beendet.

Wie genau der Vergleich aussieht, geht aus den Presseaussendungen nicht hervor. Die von Mobilkom und FMK behauptete Zurückziehung der Studie wird in der Oberfeld-Aussendung jedenfalls dementiert: richtig sei, dass "Dr. Oberfeld zur Kenntnis nimmt, dass am Wählamt Hausmannstätten keine C-Netz-Mobilfunkanlage errichtet war." Wenn das nun tatsächlich keine Zurückziehung der Untersuchung bedeuten sollte, so könnte man vielleicht wieder von einer weltweit einmaligen Studie sprechen: über den Zusammenhang von Krebserkrankungen mit angenommenen Emissionen einer fiktiven Sendeanlage.

Auch wenn beide Seiten in ihren Aussendungen nun die Bedeutung sachlicher Diskussion und unabhängiger Forschung betonen, so dürfte es in der Realität doch ein gespanntes Verhältnis bleiben. "Dr. Oberfeld forscht weiter" - so der Untertitel der Aussendung des Landes Salzburg - wird zwar Mobilfunkkritikern Hoffnung geben, von den Betreibern aber eher als Drohung aufgefasst werden.

Wem soll man vertrauen? Der Vorsitzende des beim Verkehrsministerium eingerichteten "Wissenschaftlichen Beirats Funk" gab beim Expertenforum 2008 folgende Orientierung: "Bei Studien, die durch staatliche Stellen oder Non-Profit-Organisationen allein finanziert wurden, zeigte sich eine Überschätzung der Effekte, bei nur von der Mobilfunk-Industrie in Auftrag gegebenen Arbeiten, eine Unterschätzung." Der Wissenschaftliche Beirat Funk selbst gibt jedenfalls in schöner Regelmäßigkeit "Entwarnung" ("Expertenkonsens 2008") bzw sieht "derzeit keinen Nachweis einer gesundheitlichen Gefährdung“ ("Expertenkonsens 2004") oder "keinen Schluss auf gesundheitsschädigende Wirkung" ("Expertenkonsens 2006"). Kein Wunder, dass Dr. Oberfeld - wie Daniel AJ Sokolov bei heise berichtet - "jede Diskussion mit dem Beirat ablehnt."
(update: zur Fortsetzung der Geschichte siehe hier)

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