Thursday, November 06, 2008

Gesundheitsschutz im TKG? Und ein Nachtrag zur falschen oder nicht falschen "Krebsstudie"

Dass zwischen Umweltmediziner Dr. Oberfeld und den Mobilfunkbetreibern auch nach dem verglichenen Prozess in Sachen "Krebsstudie" (siehe hier) nicht gerade Freundschaft herrschen würde, war zu erwarten. Und schon am Tag des Vergleichsschlusses ist die Sache auch wieder eskaliert: Studie zurückgezogen, sagte das Forum Mobilkommunikation, Studie nicht zurückgezogen, konterte Oberfeld (bzw für ihn das Land Salzburg, das zumindest als Urheber der Presseaussendung aufscheint).

Am nächsten Tag veröffentlichte das FMK den Vergleichstext, begleitet mit ins Persönliche gehenden "Fragen" (zB "Wer glaubt noch an Dr. Oberfeld und seine Ergebnisse?"). Außerdem stellte das FMK eine chronologische Zusammenstellung auf seine Website, in der auch ein E-Mail-Austausch zwischen Dr. Oberfeld und Mobilkom vor der Studienfertigstellung wiedergegeben wird. Darauf folgte wiederum eine Aussendung des Landes Salzburg für Dr. Oberfeld, mit folgender Aussage:
"Eine Studie ist dann falsch, wenn falsche Schlüsse aus den zugrunde liegenden Fakten gezogen werden. Unter der Annahme der Existenz einer C-Netz-Mobilfunkanlage hat Dr. Gerd Oberfeld die richtigen Schlüsse gezogen. Aufgrund der nunmehrigen Erkenntnis, dass eine C-Netz-Anlage nicht vorhanden war, wird Dr. Gerd Oberfeld seine Schlüsse überprüfen und berichtigen."
Wenn ich das richtig verstehe, heißt das: "Angenommen, die der Studie zugrundegelegten Fakten wären zutreffend, so würden auch die Schlüsse stimmen." Für mich klingt das ein wenig nach den klassischen Ökonomen-Witzen, bei denen der auf einer Insel gestrandete Ökonom eine Dose aufmachen soll und sagt "nehmen wir an, wir hätten einen Dosenöffner" (der Ökonom Harold Furchtgott-Roth, damals FCC-Commissioner, hat auf diesem Witz übrigens einmal eine Keynote-Address vor dem American Law Institute aufgebaut: "Can-Opener Merger Review Law").

Dass die Ergebnisse einer Studie diskreditiert sind, heißt natürlich noch nicht, dass damit alles geklärt und unbedenklich ist. Dr. Gabriela Moser, Nationalratsabgeordnete der Grünen, wendet sich daher auch gegen "Versuche, das bisherige Nichtvorliegen gesicherter wissenschaftlicher Beweise für biologische Schäden fälschlicherweise in eine Unbedenklichkeit umzudeuten" und hat letzte Woche einen Antrag zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes eingebracht, der laut Aussendung der Parlamentskorrespondenz auf die "Verankerung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Berücksichtigung gesundheitlicher, ökologischer und anrainerrechtlichen Aspekte für den gesamten vom Gesetz abgedeckten Bereich" abzielt. Das klingt allerdings nach mehr als es tatsächlich ist. Der Entwurf bechränkt sich nämlich darauf, in der Zweckbestimmung des § 1 Abs 1 TKG 2003 kleine Ergänzungen vorzunehmen (hier fett hervorgehoben):
"Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, durch Förderung des Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation [derzeit: "elektronischen Kommunikation"] die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft in ganz Österreich mit zuverlässigen, preiswerten, hochwertigen und innovativen Kommunikationsdienstleistungen unter Wahrung von Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Eigentum der Menschen und mit Bedachtnahme auf den Schutz der Umwelt zu gewährleisten."
Damit würden freilich weder Anrainer von Sendeanlagen Parteistellung im Genehmigungsverfahren erhalten, noch käme es sonst zu inhaltlichen Änderungen: "der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen" etwa muss beim Betrieb von Funkanlagen natürlich auch jetzt schon (vgl § 73 TKG 2003) gewährleistet sein. Der Vorschlag für eine TKG-Novelle scheint damit nicht viel mehr als eine Trägerrakete zu sein, um im Verkehrsausschuss wieder einmal über das Thema Mobilfunk und Gesundheit sprechen zu können.

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