Sunday, December 02, 2007

Hier spricht die Anstalt: was genau ist ein Vollprogramm?

Der Begriff des Vollprogramms ist im deutschen Rundfunkstaatsvertrag - ganz ähnlich wie in Österreich in § 2 Z 17 Privatfernsehgesetz - so definiert:

"ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden"
Was man sich darunter vorstellen soll, das versucht die Landesmedienanstalt Saarland in einem aktuellen Dokument zu beschreiben; besonders beeindruckt hat mich dabei folgender Satz:

"Die mit dem scheinbar so unscharfen Begriff des Vollprogramms gemeinte Qualität lässt sich unschwer als genau das beschreiben, was vorliegt, wenn etwas alles aufweist, was zu einem 'vollen' Programm, zur Programmfülle (Vielfalt) gehört."
Ein Programm ist also genau dann ein Vollprogramm, wenn es alles hat, was es zu einem solchen macht. So unschwer genaue Definitionen könnte man öfter gebrauchen!

Eine detailliertere Ableitung, die - augenscheinlich genauso unschwer - zum Ergebnis kommt, dass ein Vollprogramm eine bestimmte Minutenanzahl an Nachrichtensendungen erfordert, findet sich hier. Diese Definitions-Übung führt insgesamt zur Forderung, dass auch private TV-Veranstalter zum "public value" beitragen müssen. In der Medienanstalts-typischen Sprache heißt das dann so:

"Es ist keine gesetzeskonforme Option für den privaten Rundfunk, sich seiner Pflicht zur Erzeugung eines public value zu entledigen. Dies gilt auch und gerade dann, wenn ökonomische Interessen dazu vermeintlich nötigen. Dies um so mehr, wenn man ansonsten aber die Schutzwirkung des Rundfunks in seiner Doppelnatur (z. B. bei der Frage der 'Frequenzversteigerung') einfordert."

Inzwischen hat sich - auf der anderen, der öffentlich-rechtlichen Baustelle - die ARD "auf ein gemeinsames Verfahren zur Durchführung des so genannten Drei-Stufen-Tests für neue digitale Gemeinschaftsangebote geeinigt." Den Begriff "public value test" vermeidet die ARD konsequent, weil er in Richtung des BBC-Modells deutet, das aber einen Schritt weiter geht als der Drei-Stufen-Test, bei dem geprüft wird,
  1. ob das neue Angebot Teil des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist,
  2. welchen qualitativen Beitrag zum publizistischen Wettbewerb es leistet und
  3. wie hoch der damit verbundene finanzielle Aufwand ist.
Im BBC-Modell kommt zu den drei hier genannten Stufen noch eine Beurteilung der Auswirkungen auf den Markt hinzu, die von der Ofcom erstellt wird (Market Impact Assessment).

Laut Aussendung der ARD war es wichtig, "den bürokratischen Aufwand in Grenzen zu halten"; daher wurde "das in der ARD bewährte Federführungsprinzip auch für den Drei-Stufen-Test eingeführt". Wie unbürokratisch sich das abspielen wird, zeigt sich schon daran, dass in das Verfahren auch die Rundfunkräte der jeweils anderen (acht) Rundfunkanstalten einbezogen werden und die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) die Koordinierung übernimmt. Etwas Unbürokratischeres als eine Gremienvorsitzendenkonferenz, die alle ARD-Rundfunkanstalten im Verfahren des public value tests 3-Stufen-Tests koordiniert, kann man sich ja wirklich schwer vorstellen.

Auch der österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk wird sich einem Public Value Test stellen: vor elf Monaten hat ORF-Generaldirektor Wrabetz dies jedenfalls angekündigt und dabei explizit - anders als die ARD - auf das BBC-Modell verwiesen. In einem Monat - ab Jänner 2008 - soll es soweit sein (siehe folgende screenshots von der ORF-Website):


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