"Pimperlbanken" vs. sorgfältig geführtes Unternehmen
"Ein gesundes Unternehmen mit entsprechenden Eigenmitteln und Reserven kann einen Abgang mitunter nämlich aus Eigenem verkraften - genau deshalb werden in 'guten Zeiten' Reserven gebildet, um wirtschaftliche Dellen auszuhalten." Also dozierte ORF-Kommunikationschef Pius Strobl im Falter diese Woche (in einer Reaktion auf einen in der Woche zuvor erschienenen Artikel) - die Hervorhebung des Wortes "mitunter" stammt von mir, das Wort ist mir erst beim zweiten Lesen aufgefallen, aber es wurde sicher mit Bedacht gewählt. Mitunter heißt hier wohl: manchmal schon, jetzt aber nicht - jedenfalls nicht in einer Zeit, wo "jede Pimperlbank" laut ORF-Generaldirektor "vom Staat Milliarden bekommt" (wen meint er? RZB? Erste Bank?).
Strobl, der in seinem Artikel penibel eine terminologische Unschärfe der Falter-Autorin bemäkelt, ist selbst übrigens auch nicht unfehlbar, etwa wenn er behauptet, dass der ORF "keinen Cent Schulden" und "keinerlei Verbindlichkeiten" habe (Jahresabschluss 2007: ORF 128 Mio Euro Verbindlichkeiten zum 31.12.2007, ORF-Konzern: 260 Mio - nicht aufregend, angesichts des Bilanzvolumens nicht hoch und überwiegend wohl aus dem regulären Betriebsablauf erklärbar, etwa bei Verpflichtungen gegenüber Lieferanten - aber "kein Cent" sieht anders aus).
Über die heute vorgestellten Sparpläne wurde in den den Medien ausführlich berichtet (zB Standard, Presse, Kurier, Kleine Zeitung, uva, auch ORF On [!] - und sogar Dilbert scheint sich heute gerade diesem Thema zu widmen), ich will das nicht näher kommentieren, nur drei kurze Anmerkungen:
1. Der Onlinedirektor wird dem bisherigen TW 1-Chef Werner Mück folgen (dieser wird "nach einer Kündigungszeit von einem Jahr in Pension geschickt"); er soll TW 1 zum Spartenkanal für Information und Kultur machen. Das klingt öffentlich-rechtlich, und das klingt jedenfalls so, als würde man es nicht mit den Werbeeinnahmen eines Senders mit deutlich unter einem Prozent Marktanteil finanzieren können. Wie man damit etwas einsparen wird, leuchtet mir nicht ein.
Derzeit dürfte der teuer erworbene kommerzielle Sender jedenfalls nur einen überschaubaren Erfolg bringen; der Jahresabschluss 2007 weist einen Jahresverlust der TW1 Betriebsführungs GmbH von 88.300 Euro aus und einen Überschuss der TW1 Tourismus Fernsehen GmbH von 106.600 Euro. Näher erläutert werden die Ergebnisse im Jahresabschluss nicht (und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der ORF noch immer keinen Geschäftsbericht für das Jahr 2007 veröffentlicht hat?); Details zu den finanziellen (und sonstigen) Bedingungen der vollständigen Übernahme von TW1 hat der ORF ohnehin nie bekannt gegeben. Einen (dafür notwendigen) gesetzlichen Auftrag zum Umbau von TW1 in einen "Informations- und Kulturkanal" gibt es nicht, das Regierungsprogramm meint dazu lediglich, dass die Möglichkeit dazu offen gehalten werden soll.
2. Teilprivatisierung: in der Presse wird dazu "Stiftungsrechtsexperte Heinrich Weninger" zitiert, der der Ansicht ist, dass das funktioniere, "wenn es sich um ein klar abgrenzbares Konglomerat handelt – etwa alle zu Ö3 gehörenden Rechte, Verträge, Mikrofone, Mitarbeiter etc.“ - und dass dazu "auch keine Änderung des ORF-Gesetzes notwendig" wäre. Good luck!
Natürlich ist theoretisch die "Veräußerung und Stilllegung von Unternehmen und Betrieben" (nach § 21 Abs. 2 Z 13 ORF-Gesetz mit Zustimmung des Stiftungsrats) möglich: aber erstens muss der Programmauftrag weiter erbracht werden, und zweitens ist eine Rechtsnachfolge in die Frequenznutzungsrechte des ORF durch einen privaten Käufer von Ö3 (oder ORF 1) ohne Gesetzesänderung nicht möglich. Der ORF ist, das hätte der Stiftungsexperte bedenken sollen, keine Privatstiftung.
3. "Der ORF ist in wirtschaftlicher und programmlicher Hinsicht ein sorgfältig geführtes Unternehmen", das versicherte vor nicht einmal einem halben Jahr der Vorsitzende des Stiftungsrates (die Bank, der er bis vor kurzem vorstand, ist wahrscheinlich nicht einmal eine Pimperlbank, da sie - jedenfalls meines Wissens - bislang noch keine "Milliarden vom Staat" bekommen hat).
Strobl, der in seinem Artikel penibel eine terminologische Unschärfe der Falter-Autorin bemäkelt, ist selbst übrigens auch nicht unfehlbar, etwa wenn er behauptet, dass der ORF "keinen Cent Schulden" und "keinerlei Verbindlichkeiten" habe (Jahresabschluss 2007: ORF 128 Mio Euro Verbindlichkeiten zum 31.12.2007, ORF-Konzern: 260 Mio - nicht aufregend, angesichts des Bilanzvolumens nicht hoch und überwiegend wohl aus dem regulären Betriebsablauf erklärbar, etwa bei Verpflichtungen gegenüber Lieferanten - aber "kein Cent" sieht anders aus).
Über die heute vorgestellten Sparpläne wurde in den den Medien ausführlich berichtet (zB Standard, Presse, Kurier, Kleine Zeitung, uva, auch ORF On [!] - und sogar Dilbert scheint sich heute gerade diesem Thema zu widmen), ich will das nicht näher kommentieren, nur drei kurze Anmerkungen:
1. Der Onlinedirektor wird dem bisherigen TW 1-Chef Werner Mück folgen (dieser wird "nach einer Kündigungszeit von einem Jahr in Pension geschickt"); er soll TW 1 zum Spartenkanal für Information und Kultur machen. Das klingt öffentlich-rechtlich, und das klingt jedenfalls so, als würde man es nicht mit den Werbeeinnahmen eines Senders mit deutlich unter einem Prozent Marktanteil finanzieren können. Wie man damit etwas einsparen wird, leuchtet mir nicht ein.
Derzeit dürfte der teuer erworbene kommerzielle Sender jedenfalls nur einen überschaubaren Erfolg bringen; der Jahresabschluss 2007 weist einen Jahresverlust der TW1 Betriebsführungs GmbH von 88.300 Euro aus und einen Überschuss der TW1 Tourismus Fernsehen GmbH von 106.600 Euro. Näher erläutert werden die Ergebnisse im Jahresabschluss nicht (und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der ORF noch immer keinen Geschäftsbericht für das Jahr 2007 veröffentlicht hat?); Details zu den finanziellen (und sonstigen) Bedingungen der vollständigen Übernahme von TW1 hat der ORF ohnehin nie bekannt gegeben. Einen (dafür notwendigen) gesetzlichen Auftrag zum Umbau von TW1 in einen "Informations- und Kulturkanal" gibt es nicht, das Regierungsprogramm meint dazu lediglich, dass die Möglichkeit dazu offen gehalten werden soll.
2. Teilprivatisierung: in der Presse wird dazu "Stiftungsrechtsexperte Heinrich Weninger" zitiert, der der Ansicht ist, dass das funktioniere, "wenn es sich um ein klar abgrenzbares Konglomerat handelt – etwa alle zu Ö3 gehörenden Rechte, Verträge, Mikrofone, Mitarbeiter etc.“ - und dass dazu "auch keine Änderung des ORF-Gesetzes notwendig" wäre. Good luck!
Natürlich ist theoretisch die "Veräußerung und Stilllegung von Unternehmen und Betrieben" (nach § 21 Abs. 2 Z 13 ORF-Gesetz mit Zustimmung des Stiftungsrats) möglich: aber erstens muss der Programmauftrag weiter erbracht werden, und zweitens ist eine Rechtsnachfolge in die Frequenznutzungsrechte des ORF durch einen privaten Käufer von Ö3 (oder ORF 1) ohne Gesetzesänderung nicht möglich. Der ORF ist, das hätte der Stiftungsexperte bedenken sollen, keine Privatstiftung.
3. "Der ORF ist in wirtschaftlicher und programmlicher Hinsicht ein sorgfältig geführtes Unternehmen", das versicherte vor nicht einmal einem halben Jahr der Vorsitzende des Stiftungsrates (die Bank, der er bis vor kurzem vorstand, ist wahrscheinlich nicht einmal eine Pimperlbank, da sie - jedenfalls meines Wissens - bislang noch keine "Milliarden vom Staat" bekommen hat).
Labels: ORF, Rundfunkrecht
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