Mit
Gesetz 8/2009 (mittlerweile [geringfügig] geändert durch
Gesetz 25/2009) hat Spanien das System der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (
RTVE) geändert: Werbung, Teleshopping, Merchandising und pay-per-view-Dienste wurden eingestellt, dafür wird eine staatliche Ausgleichszahlung in einer Höhe von insgesamt 1,2 Mrd Euro geleistet (siehe dazu schon
hier). Ein Teil dieser Ausgleichszahlung wird durch Steuern auf die Einnahmen privater Fernsehsender (3% bei frei empfangbaren Programmen, 1,5% für Pay-TV-Sender) sowie der Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste (0,9%) erzielt, weiters erhält die RTVE einen Anteil der Einnahmen aus Frequenznutzungsgebühren ("tasa sobre reserva de dominio público radioeléctrico"; geregelt in
Anhang I zum Telekomgesetz).
Anders als Frankreich, das
eine ähnliche Finanzierungsform schon einige Monate zuvor eingeführt hatte, hat Spanien die Änderung des Finanzierungssystems der Europäischen Kommission nicht als (wesentlich geänderte und daher) neue Beihilfe notifiziert. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2009 (
Presseaussendung der Kommission; heute wurde das
Schreiben im Amtsblatt veröffentlicht) hat die Kommission ein Verfahren eingeleitet, um die neue Finanzierungsform beihilfenrechtlich zu prüfen. Die Kommission hat keine Bedenken zum Umfang des öffentlich-rechtlichen Auftrags, und sie anerkennt auch, dass Spanien Maßnahmen zur Vermeidung einer Überkompensation von RTVE getroffen hat. Ob diese Maßnahmen wirklich ausreichen, um eine Überkompensation auszuschließen, soll nun im streitigen Beihilfenverfahren (Register "C" für "contradictoire",
C 38/2009) genauer geprüft werden.
Spannend ist die zweite Frage, die von der Kommission näher untersucht wird: ob die neue Steuer auf Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze mit der Genehmigungsrichtlinie
2002/20/EG vereinbar ist, deren Art 12 ja "Verwaltungsabgaben, die von Unternehmen verlangt werden, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung einen Dienst oder ein Netz bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde", nur in engen Grenzen zulässt.Die Kommission dürfte zumindest in Betracht ziehen, dass auch Sondersteuern auf Telekomanbieter als "Verwaltungsabgaben" im Sinne des Art 12 der RL 2002/20/EG anzusehen sind.
Eine ähnliche Frage stellt sich natürlich auch im Hinblick auf die französische Sondersteuer auf Telekomunternehmen. Die Kommission hat eine erste Entscheidung über die von Frankreich notifzierte Änderung des Rundfunk-Finanzierungssystems bereits erlassen und darin einer ersten staatlichen Zahlung von 450 Mio. Euro für das Jahr 2009 zugestimmt, zugleich aber das förmliche Prüfverfahren (nun zur Zahl
C 27/2009) für das Gesamtpaket eingeleitet (siehe dazu
hier im Blog bzw die
Presseaussendung der Kommission). Interessanterweise wird in dem
mittlerweile ebenfalls im Amtsblatt veröffentlichten Schreiben an Frankreich allerdings nicht auf die Genehmigungsrichtlinie hingewiesen, sondern die Steuerfinanzierung ganz allgemein im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht - auf Grund möglicher diskriminierender Wirkung - in Zweifel gezogen. Dass es auch ein Problem mit der GenehmigungsRL geben könnte, habe ich übrigens schon bei der ersten Ankündigung der geplanten Abgabe
vor zwei Jahren angemerkt.
PS: An spanischen Gesetzen gefällt mir die Kundmachungsformel, in der der König alle, "die dies sehen und hören," wissen lässt, dass das Gesetz von den Kammern des Parlaments beschlossen und von ihm genehmigt wurde:
"A todos los que la presente vieren y entendieren. Sabed: Que las Cortes Generales han aprobado y Yo vengo en sancionar la siguiente Ley."Labels: Beihilfen, EK, PSB, Rundfunkrecht, Spanien