Saturday, March 06, 2010

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Wednesday, March 03, 2010

Universaldienst-Konsultation

Im Telekombereich war der Universaldienst in den letzten Jahren nicht gerade ein Lieblingsthema der Kommission: 2006 versprach die Kommission ein Universaldienst-Grünbuch für das Jahr 2007, Kommissarin Reding verschob das dann auf das Jahr 2008 und präsentierte schließlich eine etwas magere Mitteilung, zu der die Kommission nach Artikel 15 und Anhang V der Universaldienst-RL ohnehin verpflichtet war. Die in dieser Mitteilung für 2009 angekündigte weitere Mitteilung fiel dann ganz aus, allerdings war die Kommission im Zuge derVerhandlungen mit dem Europäischen Parlament dann doch gezwungen, eine Erklärung zum Universaldienst abzugeben, in der sie bekräftigte, im Laufe des Jahres 2009 eine ausführliche Debatte zum Universaldienst auf der EU-Ebene fördern wolle; diese Debatte solle dann von der Kommission in einer Mitteilung an das Parlament und den Rat zusammengefasst werden und die Kommission werde bis zum 1. Mai 2010 notwendige Vorschläge zur Universaldienstrichtlinie vorlegen.

Wie die Debatte im Jahr 2009 gefördert wurde, lässt sich nicht ganz nachvollziehen, dass legislative Vorschläge bis zum 1. Mai 2010 vorgelegt würden, lässt sich definitiv ausschließen. Denn nun hat die Kommission erstmal eine Konsultation gestartet, die bis 7.5.2010 läuft. Die in der Erklärung gegenüber dem Parlament für bis zum 1.5.2010 angekündigten Vorschläge werden eben dann bis Ende 2010 kommen, falls notwendig (laut Presseaussendung). Angesichts der bisherigen Erfahrungen würde ich annehmen, dass solche Vorschläge auch bis zum 31.12.2010 nicht vorliegen werden.

Am Konsultationspapier bemerkenswert ist die erkennbar beleidigte Reaktion der Kommission auf das Parlament: auf Seite 2 bis 3 erzählt die Kommission zunächst einmal, dass sie eine Reform des Universaldienstes eigentlich aus der Telekom-Reform heraushalten wollte, dass sich das Parlament dieser weisen Haltung aber nicht anschließen mochte:
"This notwithstanding, the co-legislator deemed it necessary, in the light of developments, to address one particular aspect of regulatory flexibility by amending the current recital in the Directive dealing with functional internet access. In particular, the new recital seeks to allow Member States to define nationally the minimum data rates of the connection 'which are sufficient to permit functional internet access […] taking due account of specific circumstances in national markets, for instance the prevailing bandwidth used by the majority of subscribers in that Member State, and technological feasibility, provided that these measures seek to minimize market distortion.'
However, this amendment sets out a new principle only in a recital of the Amending Directive without corresponding changes in the body of the legislative text, which gives rise to questions of interpretation and which might affect legal certainty."
(Hervorhebung hinzugefügt)

Ich bin der Letzte, der wolkigen Erwägungsgründen ohne Basis im Normtext das Wort reden würde - aber die beleidigte Reaktion der Kommission wäre wohl auch nicht notwendig gewesen.

Zentrale Frage der Konsultation ist natürlich, ob (und gegebenenfalls wie) "Breitband für alle" Eingang in den Universaldienst finden soll; die Kommission scheint dem eher ablehnend gegenüberzustehen.

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Tuesday, March 02, 2010

Dt. Bundesverfassungsgericht: "konkrete Ausgestaltung" der Vorratsdatenspeicherung in D verfassungswidrig

Das mit Spannung erwartete Urteil des deutschen Bundeverfassungsgerichts zur Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten durch das deutsche "Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung" wurde heute verkündet; hier zur detaillierten Pressemitteilung; hier zum Urteil (mit Leitsätzen).

Das Ergebnis: das BVerfG beurteilt die konkrete Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung im dTKG und in der dStPO als unvereinbar mit Art 10 Abs 1 GG. Pressemitteilung: "Zwar ist eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang nicht von vornherein schlechthin verfassungswidrig. Es fehlt aber an einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden Ausgestaltung. Die angegriffenen Vorschriften gewährleisten weder eine hinreichende Datensicherheit, noch eine hinreichende Begrenzung der Verwendungszwecke der Daten. Auch genügen sie nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Transparenz und Rechtsschutzanforderungen."

Die Richtlinie selbst begegnet ausdrücklich keinen Bedenken des BVerfG: "Die Wirksamkeit der Richtlinie 2006/24/EG und ein sich hieraus möglicherweise ergebender Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor deutschen Grundrechten sind nicht entscheidungserheblich. Der Inhalt der Richtlinie belässt der Bundesrepublik Deutschland einen weiten Entscheidungsspielraum. Ihre Regelungen sind im Wesentlichen auf die Speicherungspflicht und deren Umfang beschränkt und regeln nicht den Zugang zu den Daten oder deren Verwendung durch die Behörden der Mitgliedstaaten. Mit diesem Inhalt kann die Richtlinie ohne Verstoß gegen die Grundrechte des Grundgesetzes umgesetzt werden. Das Grundgesetz verbietet eine solche Speicherung nicht unter allen Umständen." (Hervorhebung hinzugefügt)

In Österreich hat sich das zuständige BMVIT bei der Erstellung des Ministerialentwurfs durch das Ludwig Boltzmann-Instituts für Menschenrechte unterstützen lassen. Die Begutachtungsfrist für diesen Entwurf ist seit 15.1.2010 abgelaufen (hier zum Entwurf und den Stellungnahmen); eine Regierungsvorlage wurde dem Parlament noch nicht vorgelegt, die Verurteilung durch den EuGH wegen der nicht erfolgten Umsetzung ist demnächst zu erwarten (C-189/09 Kommission / Österreich). Nach Medienberichten will Neo-Justiz-Kommissarin Reding die Richtlinie übrigens grundlegend überprüfen.

PS: Der frühere deutsche Verfassungsrichter Hoffmann-Riem hat vor wenigen Tagen einen Beitrag in der Zeit (online) unter dem Titel "Wider die Geistespolizei" geschrieben: "Sollte es im Augenblick unvermeidlich sein, vermehrt Daten von Bürgern zu sammeln, wird es umso wichtiger, diese Datenverarbeitung streng zu kontrollieren." Seine ehemaligen Kollegen haben das offenbar genauso gesehen.

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Förderung für DVB-T-Einführung in Berlin-Brandenburg vor dem EuGH

Im Dezember 2001 beschloss die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, den Umstieg auf die digitale terrestrische Übertragung (DVB-T) finanziell zu fördern. Die Europäische Kommission sah darin eine staatliche Beihilfe und leitete ein förmliches Prüfverfahren ein, das mit Entscheidung der Kommission vom 9.11.2005 abgeschlossen wurde. Ergebnis: "Die von der Bundesrepublik Deutschland den an DVB-T beteiligten privaten Rundfunkanbietern gewährte staatliche Beihilfe für die Einführung des digitalen terrestrischen Rundfunks in Berlin-Brandenburg ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar."

Gegen diese Entscheidung der Kommission klagte nicht nur die Bundesrepublik Deutschland als unmittelbarer Adressat, sondern auch einer der geförderten Programmanbieter (FAB Fernsehen aus Berlin GmbH) und die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Mit Urteilen vom 6.10.2009, T-8/06, FAB Fernsehen aus Berlin GmbH / Kommission und T-21/06 Deutschland / Kommission hat das EuG die Klagen der FAB und Deutschlands abgewiesen. Die Klage der MABB wurde, da diese von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen ist, mit Urteil vom 6.10.2009, T-24/06 Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) / Kommission als unzulässig abgewiesen (vgl dazu auch den Beschluss des EuG vom 5.10.2009 in der ähnlichen Rechtssache T-2/08 Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen).

Gegen das EuG-Urteil T-21/06 hat Deutschland Rechtsmittel an den EuGH erhoben; das Verfahren ist beim EuGH unter C-544/09 P anhängig. Damit wird sich nun der EuGH (ua) mit der Frage befassen müssen, ob beim Umstieg auf DVB-T strukturelles Marktversagen wie zB ein "Henne-und-Ei-Problem“ (vgl RNr 32 und 59 des EuG Urteils T-21/06) vorlag, das eine Beihilfe rechtfertigen könnte. Selbst wenn der EuGH aber ein derartiges Marktversagen annähme, blieben noch die meines Erachtens im konkreten Fall angesichts des EuG-Urteils schwer überwindbaren Hürden der Verhältnismäßigkeit und des Mindestmaßgebots.

Österreich hat sich übrigens sein Förderungssystem von der Kommission rechtzeitig absegnen lassen, siehe die Entscheidung N 622/2003 der Kommission (case site).

PS: zur Situation der Digitalisierung in Deutschland siehe auch den Digitalisierungsbericht 2009 - Auf dem Weg in die digitale Welt - Rundfunk und Internet wachsen zusammen und die Daten und Fakten zum Digitalisierungsbericht. Die Digitalisierungsbericht der österreichischen Regulierungsbehörde sind hier zu finden (zB Digitalisierungsbericht 2009).

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