"Europe's internal market will finally become truly borderless, even for mobile phone bills" - so begrüßte Kommissionsmitglied Viviane Reding die Einigung zur Roaming Verordnung (
Presseaussendung). Ob die Telefonrechnungen wirklich auf den Wegfall der Grenzen gewartet haben, sei dahingestellt, aber es warteten, so Reding in einer
weiteren Presseaussendung, ja auch "millions of citizens" darauf, dass die EU den Job erledige.
Nun, nach der
politischen Einigung im Rat am 7. Juni ist das Inkrafttreten der neuen Roaming-Verordnung (hier der
Text der politischen Einigung) aber wirklich "nur" mehr Sache der "Sprachjuristen", eines Formalbeschlusses im Rat (voraussichtlich am 25. Juni 2007) und dann der Veröffentlichung um im Amtsblatt (geplant: 29. Juni 2007).
Die Eckdaten sind durch die allgemeine Presseberichterstattung weithin bekannt, im Wesentlichen werden Roamingentgelte für Endkunden mit 0,49 € aktiv und 0,24 € passiv gedeckelt (diese Beträge werden 14 bzw. 26 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung weiter abgesenkt auf 0,46 € bzw. 0,43 € aktiv und 0,22 € bzw 0,19 € passiv). Für Großkunden wird die Preisobergrenze mit 0,30 € (absinkend auf 0,28 € bzw. 0,26 €) festgelegt.
Ziemlich unübersichtlich sind die Inkrafttretensbestimmungen:
- Für die Großkundenebene wird die Preisgrenze zwei Monate nach Inkrafttreten - also voraussichtlich am 30. August - wirksam.
- Bei Endkunden ergibt sich die Wirksamkeit aus einem merkwürdigen Zusammenspiel zwischen Betreibern und Kunden: allen Roamingkunden ist der "Eurotarif" (mit den Obergrenzen wie oben angegeben) "anzubieten", alle Altkunden müssen innerhalb eines Monats Gelegenheit erhalten, sich von sich aus für diesen Tarif ("oder jeden anderen Roamingtarif") zu entscheiden; spätestens ein Monat nach der Entscheidung des Kunden ist der Tarif anzuwenden. Bei entsprechender Steuerung durch den Netzbetreiber kann dieser damit verhindern, dass er innerhalb von zwei Monaten ab Inkrafttreten Altkunden auf den neuen Tarif umstellen muss (noch dazu wo auf Großkundenebene die Umstellung definitiv erst zwei Monate nach Inkrafttreten der Verordnung erfolgen muss). Entscheidet sich der Kunde nicht, wird er erst recht in den neuen Tarif übergeführt, außer er hatte schon einen besonderen Roamingtarif.
Da es sich um eine unmittelbar geltende Verordnung handelt, wäre an sich keine nationale Umsetzung notwendig - allerdings muss der nationale Gesetzgeber binnen neun Monaten Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung festlegen, und außerdem muss der Kommission binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung mitgeteilt werden, welche Behörde für die in der Roaming-Verordnung enthaltenen Regulierungsaufgaben zuständig ist.
Das wird allerdings extrem knapp: denn derzeit gibt es keine gesetzliche Regelung, aus der abgeleitet werden könnte, welche Behörde die Aufgaben der Regulierungsbehörde nach der Roaming-Verordnung zu übernehmen hat. Im TKG wird zwar der Begriff "Regulierungsbehörde" verwendet (worunter nach den §§ 115, 117 und 120 TKG 2003 je nachdem RTR-GmbH, Telekom-Control-Kommission oder KommAustria zu verstehen ist), aber es geht dabei immer nur um Aufgaben, "die durch dieses Bundesgesetz oder durch die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen der Regulierungsbehörde übertragen sind". Auch die Fernmeldebüros sind nach dem TKG 2003 nur für Amtshandlungen zuständig, "die in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind."
Auch für die Klärung der behördlichen Zuständigkeit ist daher eine gesetzliche Regelung notwendig, die allerdings innerhalb von zwei Monaten - in der Sommerpause des Parlaments - wohl kaum geschaffen werden kann. Die ohnehin geplante
TKG-Novelle zur Vorratsdatenspeicherung könnte zwar für die notwendigen Anpassungen genutzt werden, aber die ursprünglich vorgesehene Beschlussfassung im Parlament noch vor dem Sommer scheint derzeit eher unrealistisch, zumal noch keine Regierungsvorlage eingebracht wurde.
Zu den Aufgaben der Regulierungsbehörde nach der Roaming-Verordnung gehört übrigens neben der Bereitstellung von Informationen und dem Monitoring der Entgelte auch die Überwachung, "ob die Steuerung des Mobiltelefonverkehrs zum Nachteil von Kunden eingesetzt wird." Damit soll in grenznahen Regionen vermieden werden, dass durch besondere technische Maßnahmen möglichst viel Verkehr zu Roamingverkehr wird, auch wenn eigentlich gar nicht im Ausland telefoniert wird.
PS: das Bild oben stammt aus einer im Auftrag der Kommission erstellten Animation, es zeigt eine Seemöwe, die auf überhöhte Roaminggebühren - im wahrsten Sinn des Wortes - sch... Schön, dass jene Generaldirektion, die auch für audiovisuelle Medien verantwortlich ist, so wunderschöne geschmackvolle Animationen in Auftrag gibt. Labels: Roaming