Noch ein margin squeeze-Fall vor dem EuGH
Während der Rechtsstreit über den von der Kommission in einem Wettbewerbsverfahren vor sechs Jahren festgestellten, seit 1998 praktizierten "margin squeeze" der Deutschen Telekom AG beim entbündelten Zugang zum Ortsnetz noch beim EuGH anhängig ist (C-280/08 P Deutsche Telekom AG; zum Urteil des EuG in dieser Sache, T-271/03 Deutsche Telekom /Kommission, siehe hier), wurden dem EuGH nun auch im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens Fragen zu einem margin squeeze-Fall vorgelegt: In der Sache C-52/09 Konkurrensverket / TeliaSonera Sverige AB hat das Stockholmer Bezirksgericht folgende Fragen vorgelegt:
- Unter welchen Voraussetzungen liegt aufgrund des Unterschieds zwischen dem Vorleistungspreis eines vertikal integrierten Unternehmens in beherrschender Stellung beim Verkauf von ADSL-Vorleistungsprodukten an Wettbewerber und dem Endkundenpreis desselben Unternehmens ein Verstoß gegen Art. 82 EG vor?
- Sind bei der Beurteilung von Frage 1 lediglich die Endkundenpreise des beherrschenden Unternehmens maßgeblich oder sind auch die Endkundenpreise der Wettbewerber zu beachten?
- Ist es für die Beantwortung von Frage 1 von Bedeutung, dass dem beherrschenden Unternehmen keine regulatorische Verpflichtung zu Vorleistungen auferlegt ist, sondern es sich aus eigenem Antrieb dazu entschlossen hat?
- Hängt die Missbräuchlichkeit einer Praxis der in Frage 1 beschriebenen Art davon ab, dass eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung vorliegt, und wie lässt sich in diesem Fall diese Wirkung näher bestimmen?
- Ist für die Beantwortung von Frage 1 der Grad der Marktmacht des beherrschenden Unternehmens von Bedeutung?
- Hängt die Missbräuchlichkeit einer Praxis der in Frage 1 beschriebenen Art davon ab, dass das Unternehmen, das die Praxis anwendet, sowohl auf der Vorleistungsebene als auch auf der Endkundenebene eine beherrschende Stellung hat?
- Muss die Ware oder die Dienstleistung, die das beherrschende Unternehmen auf der Vorleistungsebene zur Verfügung stellt, für die Wettbewerber unverzichtbar sein, damit die Praxis gemäß Ziffer 1 missbräuchlich ist?
- Ist es für die Beantwortung von Frage 1 von Bedeutung, ob es um die Belieferung eines Neukunden geht?
- Hängt die Missbräuchlichkeit einer Praxis von der in Frage 1 beschriebenen Art davon ab, dass das beherrschende Unternehmen die erlittenen Verluste voraussichtlich ausgleichen kann?
- Ist es für die Beurteilung von Frage 1 von Bedeutung, ob die Einführung einer neuen Technologie auf einem Markt hohe Investitionen erforderlich macht, z. B. im Hinblick auf die angemessenen Kosten für die Einführung und die eventuelle Notwendigkeit, während der Einführungsphase mit Verlust zu verkaufen?
Fragen, die sich gewiss nicht nur in Schweden stellen. Frage 9 könnte übrigens durch das jüngste Urteil des EuGH in der Rechtssache C-202/07 P France Télécom SA / Kommission (siehe dazu hier) schon beantwortet sein, wenngleich darauf hinzuweisen ist, dass es in der Sache C-202/07 nicht um margin squeeze, sondern predatory pricing gegangen ist.
PS: Ergänzend noch einmal der Hinweis: eine Übersicht über anhängige und abgeschlossene Fälle in Telekom- und Rundfunksachen findet sich unter dem in der rechten Spalte angegebenen Link EuGH/EuG-Übersicht.
Labels: EuGH, margin squeeze, Schweden, Wettbewerbsrecht
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