Das Publikum als Kapital
"Darauf kann man sehr stolz sein", sagte Klaus Pekarekt, Vorsitzender des ORF-Stiftungsrates, zur Beschlussfassung über das acht Sätze umfassende "Positionspapier" mit dem Titel "Für die Zukunft des ORF" in der Sitzung des Stiftungsrates am 2. April. In der Öffentlichkeit und sogar in der ORF-eigenen Pressemitteilung wurde auch Wert darauf gelegt, dass dieses Dokument von den "Kapitalvertretern" einstimmig beschlossen wurde (gemeint war, dass nur die nach § 20 Abs 1 Z 5 ORF-G vom Zentralbetriebsrat bestellten Stiftungsratsmitglieder dagegen waren). Aber: im Stiftungsrat gibt es keine Kapitalvertreter. Denn der ORF ist keine Aktiengesellschaft (auch wenn Haftung und teilweise Aufgaben des Stiftungsrats an die Regeln des Aktiengesetzes anknüpfen). Die Stiftungsratsmitglieder sind nicht zur Vertretung von Kapitalinteressen bestellt, sondern zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit, der die öffentlich-rechtliche Stiftung ORF zu dienen hat. Aber vielleicht sollte das auch nur zum Ausdruck bringen, dass diese Allgemeinheit - das Publikum - das eigentliche Kapital des ORF ist.
Der "sehr wichtige und wesentliche" (Stiftungsratsvorsitzender Pekarek) bzw. "historische" (Generaldirektor Wrabetz) Beschluss ist hier nachzulesen. Mich beeindruckt vor allem ein Satz:
Aber wesentlich war wohl vor allem die Symbolik des Handelns. Stiftungsratschef Pekarek: "Der Stiftungsrat möchte damit ein Signal setzen, die Geschäftsführung unterstützen und ein Bekenntnis zum ORF ablegen." Das zentrale Aufsichtsgremium des ORF muss sich in einem wichtigen, wesentlichen, historischen Beschluss erst ausdrücklich zum ORF bekennen? Hätte man also an diesem Bekenntnis Zweifel haben sollen? Ebenfalls großartig: Der Publikumsrats-Vorsitzende ruft dazu auf, die Publikumsinteressen zu wahren.
PS: was der ORF in Erfüllung seines Auftrags leistet, hat er Jahr für Jahr jeweils bis zum 31. März in seinem Bericht nach § 8 ORF-Gesetz zu dokumentieren. Dieser Bericht geht zwar an National- und Bundesrat (wird dort allerdings nicht behandelt), dem ORF selbst war das aber auch heuer weder eine Presseaussendung noch einen Bericht in den eigenen Medien wert (zumindest habe ich nichts dazu gehört, gesehen oder online gefunden). Und schon gar nicht wird der Bericht auf der ORF-Website zur Verfügung gestellt. Auch das - offenbar breit gestreute - Strategiekonzept des Generaldirektors, das schon vor der Sitzung des Stiftungsrats nicht nur dessen Mitgliedern, sondern auch Politikern oder Ex-Generalintendanten zur Verfügung gestellt wurde, also nicht geheim sein kann, sucht man auf der ORF-Website vergeblich. Die ORF-Website dürfte generell kein vorrangiges Instrument der Unternehmenskommunikation sein: so wirkt es eher eigenartig, wenn die dort auch unter der Subdomain "derneue.orf.at" angebotene Unternehmenschronik am 28. August 2003 plötzlich endet. Dass seither nichts passiert wäre, kann man ja wohl eher nicht behaupten.
Der "sehr wichtige und wesentliche" (Stiftungsratsvorsitzender Pekarek) bzw. "historische" (Generaldirektor Wrabetz) Beschluss ist hier nachzulesen. Mich beeindruckt vor allem ein Satz:
"Vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation des ORF spricht sich der ORF-Stiftungsrat für wirksame Maßnahmen zur Sicherung des Unternehmens aus."Wirklich historisch wäre es gewesen, hätte sich der Stiftungsrat ausdrücklich für unwirksame Maßnahmen ausgesprochen (oder gleich dafür, das Ziel der Sicherung des Unternehmens aufzugeben); jedenfalls aber wäre es auch interessant gewesen, hätte der Stiftungsrat ein wenig konkreter gesagt, was er sich unter diesen wirksamen Maßnahmen vorstellt.
Aber wesentlich war wohl vor allem die Symbolik des Handelns. Stiftungsratschef Pekarek: "Der Stiftungsrat möchte damit ein Signal setzen, die Geschäftsführung unterstützen und ein Bekenntnis zum ORF ablegen." Das zentrale Aufsichtsgremium des ORF muss sich in einem wichtigen, wesentlichen, historischen Beschluss erst ausdrücklich zum ORF bekennen? Hätte man also an diesem Bekenntnis Zweifel haben sollen? Ebenfalls großartig: Der Publikumsrats-Vorsitzende ruft dazu auf, die Publikumsinteressen zu wahren.
PS: was der ORF in Erfüllung seines Auftrags leistet, hat er Jahr für Jahr jeweils bis zum 31. März in seinem Bericht nach § 8 ORF-Gesetz zu dokumentieren. Dieser Bericht geht zwar an National- und Bundesrat (wird dort allerdings nicht behandelt), dem ORF selbst war das aber auch heuer weder eine Presseaussendung noch einen Bericht in den eigenen Medien wert (zumindest habe ich nichts dazu gehört, gesehen oder online gefunden). Und schon gar nicht wird der Bericht auf der ORF-Website zur Verfügung gestellt. Auch das - offenbar breit gestreute - Strategiekonzept des Generaldirektors, das schon vor der Sitzung des Stiftungsrats nicht nur dessen Mitgliedern, sondern auch Politikern oder Ex-Generalintendanten zur Verfügung gestellt wurde, also nicht geheim sein kann, sucht man auf der ORF-Website vergeblich. Die ORF-Website dürfte generell kein vorrangiges Instrument der Unternehmenskommunikation sein: so wirkt es eher eigenartig, wenn die dort auch unter der Subdomain "derneue.orf.at" angebotene Unternehmenschronik am 28. August 2003 plötzlich endet. Dass seither nichts passiert wäre, kann man ja wohl eher nicht behaupten.
Labels: ORF, ORF-G, Stiftungsrat
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