Saturday, October 25, 2008

"Ablieferungspflicht" für Blogs - österreichische Pläne

In der deutschen Blog-Szene hat die Verordnung der Bundeskanzlerin vom 17. Oktober 2008 über die Pflichtablieferung von Medienwerken an die Deutsche Nationalbibliothek (PflAV) in den letzten Tagen für einige Aufregung gesorgt (sogar bei juristischen Blogs), zumal gelegentlich der Eindruck entstanden ist, jeder Blogger müsse von jedem Blogeintrag und von jedem Kommentar ein PDF anfertigen und der Nationalbibliothek übersenden. Tatsächlich ist die Sache weit weniger dramatisch - siehe zB die FAQs der DNB: "Derzeit werden Webseiten aller Art, z. B. statische und dynamische HTML-Seiten, Weblogs oder Foren noch nicht gesammelt. Alle Anbieter von Webseiten müssen also in dieser Hinsicht nichts unternehmen und keine Strafen befürchten."

Das der Verordnung zugrundeliegende Problem besteht natürlich auch in Österreich: die vielfach nur mehr elektronische Veröffentlichung zB auch wissenschaftlicher Arbeiten kann dazu führen, dass die Nationalbibliothek ihre Aufgaben zur Sammlung und Bewahrung der in Österreich verlegten/erschienen Medien nicht mehr adäquat erfüllen kann. Die Ablieferungspflicht bei Druckwerken (§ 43 MedienG) wurde daher zunächst im Jahr 2000 ergänzt durch eine Ablieferungspflicht auch für "sonstige Medienwerke" (§ 43a Mediengesetz; das betrifft zB Veröffentlichungen auf CDs). Heuer sollte das Mediengesetz noch um eine Regelung betreffend die "Sammlung und Ablieferung periodischer elektronischer Medien" (also zB auch Blogs) ergänzt werden (Regierungsvorlage 615 BlgNR 23. GP; Text, Erläuterungen). Wegen der vorgezogenen Wahlen ist es im Nationalrat nicht mehr zur Beschlussfassung gekommen, es ist aber zu erwarten, dass die inhaltlich weitgehend unstrittige Novelle dem neuen Nationalrat wieder vorgelegt werden wird.

Die österreichische Variante scheint durchaus sachgerecht und administrativ vergleichsweise unaufwendig. Grundsätzlich soll sich in Österreich die Nationalbibliothek selbst um die Sammlung kümmern (also Websites, die offen zugänglich sind, einfach selbst abrufen); nur wenn Zugangsbeschränkungen bestehen (Paysites, passwortgeschützte Seiten oder Ähnliches), muss - allerdings erst nach schriftlicher Aufforderung durch die Nationalbibliothek- eine Ablieferung durch den Medieninhaber erfolgen. Auch in diesem Fall kann aber eine Ablieferung "durch Anbieten der abzuliefernden Medieninhalte zur Abholung im elektronischen Weg" erfolgen (also zB dadurch, dass der Nationalbibliothek ein Passwort genannt wird). Technisch wird das elektronische Archiv vom Bundesrechenzentrum betrieben werden (die Verordnung dazu gibt es schon).

Die Sammlung von Websites durch Zentralbibliotheken ist natürlich nicht nur eine europäische Angelegenheit, sondern wird - selektiv - etwa auch von der Library of Congress betrieben. Diese hat zuletzt in vier "Webcapture"-Projekten gezielt etwa 3000 Websites archiviert, unter anderem eine Reihe von "Legal Blawgs" (begrifflich ein wenig irritierend, da üblicherweise von legal blogs oder eben von blawgs gesprochen wird). Auch das Blog "content and carrier" - zu dem ich beitrage - wurde dafür ausgewählt:


Labels: ,

0 Comments:

Post a Comment

Links to this post:

Create a Link

<< Home