Wednesday, October 08, 2008

EuGH: Schlussanträge Rs C-431/07P Bouygues Télécom

Darf der Staat von einem später in den Markt eintretenden Mobilfunkbetreiber dieselben Abgaben für die Vergabe der Frequenzen bzw. die Erteilung der Lizenz verlangen wie von Unternehmen, die schon früher beginnen konnten? Eine Frage, die nicht nur bei den ersten GSM-Konzessionen relevant war (und den EuGH beschäftigt hat: Urteile vom 22.5.2003, C-462/99, Connect Austria, und vom 22.2.2005, C-141/02 P, T-Mobile Austria), sondern auch bei den UMTS-Frequenzen, die in Europa im Wesentlichen in den Jahren 2000 bis 2002 vergeben wurden.

Frankreich war dabei später dran als etwa das Vereinigte Königreich, Deutschland oder Österreich. Anders als diese Staaten entschied sich Frankreich auch nicht für ein Auktionsverfahren, sondern setzte die für die Frequenzen zu zahlende Abgabe administrativ fest - und legte damit auch den Grundstein für eine Streitigkeit, die nun vom EuGH zu entscheiden ist (Rs C-431/07 P, Bouygues Télécom). Denn zum festgesetzten Preis hatten sich überhaupt nur zwei Unternehmen um die Frequenzen beworben (France Télécom [nunmehr: Orange] und SFR), die daher am 18. Juli 2001 auch die Lizenzen erhielten. Außerdem eröffnete Frankreich eine weitere Bewerbungsmöglichkeit und reduzierte in der Folge auch die zu zahlende Abgabe. Damit wäre der dann doch gefundende dritte Interessent, Bouygues Télécom SA (Lizenz erteilt am 3. Dezember 2002), wohl auch zufrieden gewesen, allerdings nicht damit, dass die Reduktion auch für Orange und SFR galt, die fast eineinhalb Jahre Vorsprung hatten.

Bouygues sah in dieser Reduktion eine unzulässige staatliche Beihilfe und beschwerte sich bei der Europäischen Kommission, die aber zum Ergebnis kam, dass es sich nicht um eine Beihilfe gehandelt habe (Entscheidung vom 20. Juli 2004, NN 42/2004). Die von Bouygues dagegen erhobene Nichtigkeitsklage wurde vom Gericht erster Instanz mit Urteil vom 4.7.2007, T-475/04 abgewiesen. Das EuG betonte unter Bezugnahme auf das Connect Austria-Urteil, dass die von verschiedenen Betreibern zu zahlenden Abgaben gleichwertig sein müssen, was aber nicht die Einhaltung starrer Kriterien erfordert. Zwischen der Situation von Orange und SFR einerseits und der von Bouygues andererseits habe objektiv ein Unterschied in Bezug auf den Zeitpunkt der Lizenzerteilung bestanden. Der Vorteil der früheren Lizenzerteilung habe Orange und SFR allerdings "offensichtlich nichts genützt", denn auch Orange und SFR seien erst 2004 mit UMTS-Diensten auf den Markt gekommen.

Aufgrund des von Bouygues erhobenen Rechtsmittels liegt die Sache nun beim EuGH. In den heute erstatteten Schlussanträgen (derzeit nur in französicher, lettischer und finnischer Sprache verfügbar) kommt Generalanwältin Trstenjak zum Ergebnis, dass die Rechtsmittel abzuweisen sein werden. Das EuG habe zu Recht den Verzicht der französichen Republik auf einen Teil der Abgabe, die Orange und SFR bei der Lizenzerteilung ursprünglich auferlegt worden war, als unvermeidlich beurteilt (RNr. 127 der Schlussanträge).

Generalanwältin Trstenjak schließt sich allerdings nicht der Auffassung des EuG an, dass der zeitliche Vorsprung für Orange und SFR kein Vorteil im Sinne des Beihilfenrechts gewesen sei. Bei der Beurteilung des Vorteils sei auf den Zeitpunkt der staatlichen Maßnahme, nicht auf jenen der Entscheidung der Kommission abzustellen, und der exklusive Zugang zum UMTS-Markt sei sehr wohl ein Vorteil für Orange und SFR gewesen (RNr 148-153). Das nutzt der Rechtsmittelführerin aber nichts, da auch die Generalanwältin zum Ergebnis kommt, dass die Vorgangsweise der französischen Behörden die einzige Möglichkeit war, um die Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht - Gleichbehandlung und, wie im Connect Austria-Urteil ausgeführt, gleichwertige wirtschaftliche Bedingungen - zu erfüllen (RNr. 178). Dass die frühere Vergabe der Lizenzen an Orange und SFR einen Wettbewerbsvorteil gebracht hätte, habe Bouygues nicht nachgewiesen, sodass das EuG zu Recht annehmen konnte, dass die Lizenzabgaben nichtdiskriminierend gewesen seien.

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