Tuesday, December 01, 2009

Ein letztes Urteil erster Instanz: EuG bestätigt Beihilfenentscheidung zum Steuerverzicht bei France Télécom

Das "Gericht erster Instanz" der Europäischen Gemeinschaften ist seit heute Geschichte. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wurden auch die Bestimmungen über den Gerichtshof geändert, nunmehr heißt es in Artikel 19 EUV: "Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte." Die wichtigsten Änderungen für die Gerichtsaufgaben und -zuständigkeiten hat der Gerichtshof hier zusammengefasst; in den für dieses Blog interessantesten Bereichen ändert sich nichts wirklich Wesentliches. Und auch wenn nun statt des "Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften" das "Gericht der Europäischen Union" entscheiden wird, so bleibt es in Beihilfenstreitigkeiten doch das erstinstanzliche Gericht.

Am letzten Tag des Gerichts erster Instanz wurde die Entscheidung in den verbundenen Rechtssachen T-427/04 Frankreich / Kommission und T-17/05 France Télécom / Kommission verkündet. Bekämpft war die Entscheidung der Kommission vom 2. August 2004, C(2004) 3061, betreffend eine Beihilfe zu Gunsten von France Télécom (FT). Die Beihilfe geht zurück auf die Zeit der Ausgliederung von FT aus der unmittelbaren staatlichen Verwaltung (vergleichbar der österreichischen Situation war die Tätigkeit der nunmehrigen FT zuvor von einer Abteilung des Post- und Telekommunikationsministeriums ausgeführt worden). Nach der Umwandlung in eine eigenständige juristische Person hätte die FT seit 1.1.1991 normal besteuert werden müssten, aber die Republik Frankreich sah zunächst eine Übergangsregelung bis 1.1.1994 vor und auch danach wurde die "Gewerbesteuer" (taxe professionelle) bis einschließlich 2002 nur unter "besonderen Bedingungen hinsichtlich des Steuersatzes, der Berechnungsgrundlage und der Besteuerungsmodalitäten" erhoben. Die Europäische Kommission stellte daher in der angefochtenen Entscheidung fest, "dass FT eine staatliche Beihilfe erhalten hat, deren vorläufiger Betrag zwischen 798 Mio. EUR und 1 140 Mio. EUR an Kapital liegt". Frankreich verweigerte die Rückforderung der Beihilfe, worauf die Kommission eine Vertragsverletzungsklage wegen Nichtdurchführung der Entscheidung erhob. Mit Urteil vom 18.10.2007, C-441/06 Kommission / Frankreich, stellte der Gerichtshof fest, dass Frankreich seinen Verpflichtungen nicht entsprochen hat.

Inzwischen war das Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung noch immer vor dem Gericht erster Instanz anhängig. Mit Urteil vom 30.11.2009, T-427/04 und T-17/05, hat das Gericht nun die Klagen abgewiesen und die Kommissionsentscheidung bestätigt. Die Einwendungen Frankreichs und von FT gegen die unklare Höhe des rückzufordernden (bzw. rückzuzahlenden) Betrags ("zwischen 798 Mio und 1.140 Mio. Euro") konnten das Gericht nicht überzeugen, denn es war der Auffassung, dass der Beihilfebetrag ohne übermäßige Schwierigkeiten hätte berechnet werden können (zu diesem Ergebnis war auch der Gerichtshof im Vertragsverletzungsverfahren bereits gekommen). Auch dass das Kollegium der Kommission nicht exakt jenen Text beschlossen hatte, der später als Entscheidung der Kommission zugestellt wurde, führte nicht zur Rechtswidrigkeit der Kommissionsentscheidung, da es sich nur um formale Abweichungen handelte, die vom Gericht als durch den Kollegiumsbeschluss gedeckt beurteilt wurden (im Verfahren hat die Kommission eingeräumt, dass die "révision juridico-linguistique" - die Überarbeitung durch die "Sprachjuristen" - irrtümlich von einer anderen Textfassung ausging als jener, die der Kommission tatsächlich vorgelegen war).

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