Monday, August 03, 2009

Unterhaltsame Urlaubslektüre: Nationalratsprotokolle zur TKG-Novelle

Im Urlaub ist bei der Lektüre eher fiction als non-fiction angesagt. Ein gelegentlicher Blick in die stenographischen Protokolle des Nationalrats passt da aber durchaus dazu. Zur jüngsten TKG-Novelle (siehe dazu hier und hier), die in der 27. Sitzung des Nationalrats am 17.06.2009 beschlossen wurde, ist zwar erst das vorläufige Protokoll verfügbar, aber die Lektüre lohnt sich allemal. Hier einfach einmal ein paar unkommentierte Auszüge aus dem Debattenbeitrag der Abg. Mag. Karin Hakl, die gemeinsam mit Abg. Ing. Kurt Gartlehner den Initiativantrag zu dieser TKG-Novelle eingebracht hat:
"In diesem Gesetz sehen wir vor, dass in Zukunft sämtliche Telekommunikationsleitungen von allen Telekommunikationsdiensteanbietern mitbenutzt werden können, dass Leitungsrechte gewährt werden, die es möglich machen, dass ein Telekom-Unternehmen in jedem privaten Haus, über öffentlichem Grund, überall in Österreich seine Leitungen verlegen kann. ...
Jene Elektrizitätsunternehmen oder kleinen Telekom-Anbieter, die bis jetzt keine große Flächendeckung erreicht haben, können auf die Netze derer gehen, die eine große Flächendeckung haben, und ihre Produkte anbieten. ...
Es ist gesetzlich festgeschrieben worden, wie Märkte neu definiert werden können, weil es klar ist, dass sich bei der Telefonie der Wettbewerb nicht mehr nur im Festnetzbereich abspielt. Wenn ich bei 10 Prozent Festnetzkunden irgendwann immer noch der Marktführer bin, weil alle anderen längst mobil telefonieren, dann heißt das, dass Märkte längst neu zu definieren sind. Das wurde in der Vergangenheit bereits gemacht, die gesetzlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen schaffen wir mehr oder weniger im Nachhinein."
Eine kleine Empfehlung dazu: Bevor Sie auf Basis dieser Ausführungen ein Geschäftsmodell entwickeln, sollten Sie doch besser in das Gesetz schauen. Und: Auf vielen Redemanuskripten findet sich der Hinweis "Es gilt das gesprochene Wort" - in diesem Fall sollte der Hinweis lauten: "Es gilt das beschlossene Gesetz".
[Aus der ständigen Rechtsprechung: "Die in Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Absicht des historischen Gesetzgebers ist weder das einzige noch das wichtigste Mittel der Gesetzesauslegung. Stehen die Materialien in eindeutigem Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes, sind sie für die Auslegung bedeutungslos" zB VwGH 23.02.2001, 98/06/0240]

Ich will nicht die ganze Debatte exzerpieren, nur noch zwei kleine Zitate:
Ganz im Ernst ist an der Debatte noch interessant, dass sich beide Abgeordnete, die den VP/SP-Initiativantrag eingebracht haben, für die Nutzung der digitalen Dividende durch den Mobilfunk aussprechen (was allerdings insofern wenig überraschend ist, als es sich um die jeweiligen Telekomsprecher der Parteien handelt, die gewiss einschlägig gut gebrieft wurden - ob das die für Rundfunkfragen zuständigen Mediensprecher ebenso sehen, ist nicht bekannt) :
  • Abg Hakl: "Da wäre es zum Beispiel volkswirtschaftlich wichtig und sinnvoll, die sogenannte Digitale Dividende dem Mobilfunk zuzuteilen."
  • Abg. Gartlehner: "Ich möchte darüber hinaus darauf verweisen, dass die Digitale Dividende natürlich eine kosteneffiziente Möglichkeit wäre, in entlegenen Regionen eine leistungsfähige Infrastruktur herzustellen."
    [zur digitalen Dividende siehe auch hier, hier und hier]
Neu war für mich, dass schon in diesem Herbst eine weitere TKG-Novelle kommen soll, "mit der neue Rahmenbedingungen für den Wettbewerb geschaffen werden", wie dies Abg. Hakl ankündigte. Bekannt ist, dass die - verspätete - Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten im Herbst erfolgen soll. Wirklich neue Rahmenbedingungen für den Wettbewerb wird diese Novelle allerdings kaum bringen. Dass aber die Änderungen des EU-Rechtsrahmens schon umgesetzt werden sollen, noch bevor es auf EU-Ebene zu einer endgültigen Einigung gekommen ist, kann ich mir kaum vorstellen.

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