Sunday, July 26, 2009

Wir Besserwisser: ORF-Stiftungsrätin moderiert selbst

Im heutigen Kurier, auf den ORF angesprochen, meint Helga Rabl-Stadler: "Die Weltgeschichte sollte von 30-jährigen kommentiert werden, nicht immer von uns Besserwissern."

Da trifft es sich gut, dass die Salzburger Festspiele nichts mit der Weltgeschichte zu tun haben, denn die Moderation von Gesprächsrunden zu den Festspielen, deren Präsidentin sie ist, übernimmt Rabl-Stadler doch gerne selbst. Und so kann man also demnächst im ORF-Programm TW1 sehen, wie die Festspielpräsidentin, die zugleich ORF-Stiftungsrätin ist, Gespräche zu den Festspielen moderiert (was kommt als Nächstes? Könnte man vielleicht ORF-Stiftungsrat Domany, Ex-Vorstand des Flughafens Wien, als Moderator einer Diskussionssendung zum Skylink am Flughafen Wien gewinnen?) .

Da Rabl-Stadler für die Moderation wohl kein Arbeitsverhältnis mit dem ORF oder seiner Tochtergesellschaft TW1 eingehen wird, liegt eine Unvereinbarkeit im Sinne des § 20 Abs 3 Z 1 oder 3 ORF-G nicht vor. Und was potentielle Interessenkonflikte betrifft, so bastelt der Stiftungsrat seit zumindest 2006 an einem Corporate Governance-Kodex, der "weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, Rahmenbedingungen und Qualitätsnormen für Stiftungsratsmitglieder schaffen" soll (so Stiftungsratsvorsitzender Pekarek laut einer APA-Meldung vom 9.7.2007; siehe in diesem Blog auch hier). Und auch wenn zuletzt sogar das Regierungsprogramm einen Corporate Governance-Kodex für den ORF, "differenziert nach Organmitgliedern und MitarbeiterInnen", gefordert hat: geben tut es ihn bis heute nicht.

Ob diese Verzögerung beim Corporate Governance-Kodex auch damit zu tun hat, dass es "in den Aufsichtsgremien an fachlicher Kompetenz" fehlt, wie Rabl-Stadler, selbst Mitglied des wesentlichsten Aufsichtsgremiums, als Unterzeichnerin der "Rettet den ORF"-Erklärung meint? Oder bezog sich die Kritik an der Fachkompetenz vielleicht nur darauf, dass Mitglieder des Stiftungsrates (wie zB Rabl-Stadler) Maßnahmen zugestimmt haben, die nach Auffassung von Rabl-Stadler "dem ORF untragbare finanzielle Lasten gebracht" haben (siehe dazu schon hier)?

PS: Auch ohne Moderatorinnen-Tätigkeit kann sich Stiftungsrätin Rabl-Stadler über mangelnde Präsenz im ORF nicht beklagen: zB Frühstück bei mir, Morgenjournal - und vor wenigen Wochen auch Club 2, in dem sie bedauerte, dass es ihr (als Festspielpräsidentin) auf Grund der Antikorruptionsbestimmungen nicht einmal möglich sei, den ORF-Generaldirektor zu den Salzburger Festspielen einzuladen.

PPS (update 26.7.2009, 16 Uhr): Praktischerweise sorgt der ORF per Presseaussendung auch gleich für die Weiterverbreitung der Aussagen der Festspielpräsidentin, die - ausgerechnet bei Claudia Stöckl, die doch "Botschafterin des guten Gesprächs" im Dienste von ORF und Kraft Foods ist - "erbost" auf Kritik von Martin Kusej, Gerard Mortier und Ioan Holender reagierte.

Noch ein update (01.08.2009): Der Standard vom 29.97.2009 berichtete über diese Sache. Ich lerne daraus a) TW1 sieht keinen Interessenkonflikt und b) es handelt sich um "die Fernsehfassung einer Radiosendung aus dem Studio Salzburg"; dass es sich um abgefilmten Hörfunk handelt, wurde in der TW1-Aussendung leider nicht erwähnt. Zum Interessenkonflikt: wenn ich richtig unterrichtet bin, sieht der Entwurf für den Verhaltenskodex eine Unvereinbarkeit bei der "Mitwirkung an der Gestaltung einer Sendung/eines Beitrags, die/der sich auf die eigene Person oder auf Personen bezieht, zu denen eine enge Beziehung besteht".

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2 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Da TW1 aber kein Schwein sieht, könnte Rabl-Stadler doch auch in ein Sackerl reden, wie man so sagt. Eventuell kostengünstiger. Und ohne schlechte Nachred'.

Friday, July 31, 2009 2:28:00 PM  
Blogger The Prudent Investor said...

schade, dass ich erst heute auf dieses Blog gestoßen bin. ein paar ähnl. Gedanken hier
http://impressum.blogspot.com

Friday, July 31, 2009 5:35:00 PM  

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