Monday, January 26, 2009

ORF: Geheimnisvoll gesicherte Qualität

Qualitätssicherung ist ein spannendes Feld, überhaupt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im Juni 2006 sagte die damalige Generaldirektorin des ORF:
"Das zweite Indiz [dafür, dass der ORF seinen Auftrag ganz gut erfülle] ist das so genannte 'Qualitätssicherungssystem', das der ORF für seine TV-Programme eingerichtet hat. Im Rahmen dieses von Wissenschaftern und dem ORF erarbeiteten Messsystems zur Qualitätssicherung von TV-Programmen überprüfen externe, weisungsungebundene Sachverständige die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags durch den ORF. Bisher konnte die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durch den ORF bestätigt werden."
Ich habe daraufhin nachgefragt, ob Methodik und Ergebnisse dieser Qualitätssicherung bzw des Qualitätsmonitorings zugänglich sind, und folgende Antwort erhalten:
"Das gesetzlich vorgesehene Qualitätssicherungssystem, das mit Zustimmung des Stiftungsrats eingerichtet wurde, besteht aus den Komponenten Programmstrukturanalyse, Analyse anspruchsvoller Programme, Qualitätsmonitoring (das sich im jährlichen Wechsel auf einzelne Programmkategorien bezieht) und den Bericht des Jugendschutzbeauftragten. Aufgrund dieser Komponenten erstellt der Sachverständige ein Gutachten darüber, ob im jeweiligen Geschäftsjahr den Qualitätskriterien im Wesentlichen entsprochen wurde. Sachverständiger ist derzeit Prof. Dr. Rudolf Bretschneider. ... Veröffentlicht werden die Detailfeststellungen des Qualitätsicherungssystems nicht, weil es sich um wettbewerbsrelevante Angaben handelt."
Und damit komme ich nun zum aktuellen Rechnungshofbericht zum ORF (siehe eine erste Detailanmerkung dazu hier), der auch vom Qualitätssicherungssystem berichtet - wörtliches Zitat:
"Die vom Stiftungsrat genehmigten Dienstverträge für die Generaldirektorin und die sechs Direktoren sahen die Auszahlung von je einem Viertel der Bonifikation von höchstens 15 % des Jahresgehaltes bei Erreichung oder Überschreitung der folgenden vier Ziele vor: ...
2002 die Erarbeitung eines nach den Bestimmungen des ORF–G vom Stiftungsrat zu beschließenden Qualitätssicherungssystems, danach die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen in qualitativer Hinsicht. ...
2002 legte die Generaldirektorin dem Stiftungsrat einen drei Seiten umfassenden Vorschlag zur Einführung eines Qualitätssicherungssystems für Programme vor. Dieser Vorschlag basierte auf einem seit mehreren Jahren im ORF bestehenden Qualitätsmonitoring, das nunmehr auf das gesamte Programmangebot ausgeweitet und um Maßnahmen zum Jugendschutz erweitert wurde. Für diesen Vorschlag wurden der Generaldirektorin und den sechs Direktoren Bonifikationen von insgesamt rd. 63.600 EUR ausgezahlt.
Ab 2003 stellte ein Gutachter jährlich fest, dass den Qualitätskriterien insgesamt in den wesentlichen Belangen entsprochen wurde. Das Gutachten kostete jährlich zwischen 225.000 EUR und 279.000 EUR. Die Bonifikation für die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen in qualitativer Hinsicht betrug für die Generaldirektorin und die sechs Direktoren insgesamt jährlich zwischen rd. 63.600 EUR und rd. 67.700 EUR. ...
Die Gewährung einer Bonifikation für die Ausarbeitung eines drei Seiten umfassenden Vorschlages zur Einführung eines Qualitätssicherungssystems sowie die Gewährung einer Bonifikation für das qualitative Ziel Qualitätssicherung, dessen Erreichung mit hohen Aufwendungen für den ORF von einem externen Gutachter lediglich als in wesentlichen Belangen bestätigt wurde, waren äußerst großzügig."
Ich fasse zusammen:
  1. es gibt ein Qualitätssicherungssystem im ORF;
  2. es ist so genial, dass es auf drei Seiten beschrieben werden kann, und zwar so umfassend, dass es für eine Beschlussfassung im Stiftungsrat ausreicht (für eine derartige Leistung sind 63.600 Euro Bonifikation meines Erachtens nicht zu großzügig - jedenfalls kenne ich bislang kein - unternehmensweites! - Qualitätssicherungssystem, das derart knapp dargestellt worden wäre);
  3. Beschreibung und Ergebnisse der Qualitätssicherung bleiben aber geheim; die Programmentgelt zahlenden Kunden dürfen sich auf das Wort der (damaligen) Generaldirektorin verlassen, dass alles "im Wesentlichen" den Qualitätskriterien entsprach (was hat Prof. Bretschneider eigentlich zum "Quiz Express" gesagt? Zu "Bachelor" oder "Dismissed"? - und wie wäre das "wettbewerbsrelevant"?).

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