Saturday, May 31, 2008

Deutsche Telekom-Spitzelaffäre: Verfassungsgeltung per "opting in"?

"Die Post- und Telegraphenverwaltung wird dafür Sorge tragen, daß das Telephongeheimniß nach jeder Richtung thunlichst gewahrt werde", hieß es schon in einer Verordnung des k.k. Handelsministeriums aus dem Jahr 1887. Und die Telephonordnung 1910 (siehe nebenan) versprach: "Das Telephongeheimnis wird strenge gewahrt." Heute wird das Fernmeldegeheimnis auf Verfassungsebene (Art 10a StGG, aber auch Art 8 EMRK und § 1 DSG) ebenso wie auf einfachgesetzlicher Ebene geschützt (Kommunikationsgeheimnis: § 93 TKG 2003, Telekommunikationsgeheimnis: § 119 StGB).

Auch in Deutschland ist der Schutz des Fernmeldegeheimnisses schon auf Verfassungsebene garantiert (Art 10 GG; zu den Unterschieden zwischen D und Ö vgl im Detail Himberger, Fernmeldegeheimnis und Überwachung). Umso bemerkenswerter ist daher der Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Gefolge der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom: "Die Bundesregierung will die Branche zu einer Selbstverpflichtung zur Einhaltung des Datenschutzes bewegen." (Bericht der ARD). Nicht einmal die "Einhaltung des Datenschutzes" wird verlangt, sondern die bloße Selbst(!)verpflichtung dazu, als ob die (verfassungs-)gesetzlichen Vorschriften ohne Zustimmung der Adressaten keine Gültigkeit hätten.

Das kann man natürlich kritisch kommentieren, aber man kann es auch als Zukunftsmodell verstehen: die Verfassung gilt per "opting in", das Strafgesetzbuch wird zum "code of conduct", statt Staatsanwälten gibt es "compliance officers", statt Anklagen "compliance reports", und wer gegen die Selbstverpflichtungserklärung verstößt, zahlt eine Konventionalstrafe, die - "private enforcment!" - beim Zivilgericht eingeklagt wird.

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