Saturday, March 17, 2007

"I've been roaming everywhere / Never been satisfied anywhere"

So ähnlich könnte Erwägungsgrund 1 zur demnächst kommenden Roaming-Verordnung lauten, doch diese Textzeilen sind exakt 50 Jahre alt, geschrieben von Malvina Reynolds für den Song "Sally don't you grieve" (zur Musik von Woody Guthrie), der in der Interpretation von Lonnie Donegan immerhin Platz 7 der britischen Charts erreichte.

Was die Roaming-Verordnung (siehe schon hier und hier) betrifft, so gibt es noch Bewegung in den Charts - und ob letztlich Kommission, Rat oder Parlament ein oder zwei Cent vorne liegen, scheint noch nicht endgültig entschieden. In der Zwischenwertung laut Presseaussendung der Kommission vom 14. März 2007 lag die Kommission in der Disziplin "Endkunden, Anruf ins Heimatland" mit 44 Cent klar in Führung vor dem Parlament mit 48 Cent und dem Rat mit 50 Cent. In der Wertung "Großkunden, Anruf ins Heimatland" (gemeint ist die Vorleistungsebene) lag allerdings das Parlament mit 25 Cent vorne, gefolgt vom Rat mit 30 und der Kommission mit 34 Cent (die detaillierte Tabelle findet sich am Ende der Presseaussendung).
Doch gekämpft wird um jeden Cent: nun hat das Parlament nachgebessert und liegt sowohl auf der Endkundenbene mit 42 Cent als auch bei den Vorleistungen mit 21 Cent vorne. Wenn sich aber ausgerechnet der ehemalige Wirtschaftskammer- und Industriellenvereinigungsfunktionär Dr. Paul Rübig, Mitglied des Europäischen Parlaments und Berichterstatter zur Roamingverordnung, zur Speerspitze des Verbraucherschutzes macht, sollte man schon genauer hinschauen: und tatsächlich hat sein Vorschlag den Charme, es offenbar allen recht zu machen, jedenfalls wenn man sich seine Presseaussendung durchliest - dort ist von drei Wahlmöglichkeiten für die Konsumenten und auch von drei Chancen für die Industrie die Rede.
Der Trick ist simpel: eine Höchstgrenze für die Roaming-Endkundenentgelte soll es nicht in allen Tarifen geben, die Mobilfunker werden bloß verpflichtet, einen derartigen Tarif anzubieten. Und da die Endkundenentgelte im Inland nicht reguliert sind, könnten also im (tatsächlich von Rübig so genannten) "Konsumentenschutztarif" zwar die Roamingentgelte akzeptabel, die Inlandsentgelte aber unattraktiv sein. (Wer sich nicht vorstellen kann, wie so etwas in der Praxis funktionert, möge sich die "Erfolgsstory" der Tarife mit sekundengenauer Abrechnung anschauen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 - und Fortsetzung dürfte folgen.)
Jedenfalls dürfte nun nach dem informellen Telekom-Ministerrat vom 15. März 2007 (siehe auch die Presseaussendung von BM Faymann) klar sein, dass eine Einigung in erster Lesung versucht wird, um die Verordnung noch im Juni fertigzustellen. Schließlich war der Kampf um jeden Cent ja auch schon wichtig genug, den Europäischen Rat am 9. März 2007 zu beschäftigen. Kommt die Verordnung Ende Juni (Telekom-Ministerrat ist für 6./7./8. Juni vorgesehen), könnte sich die Verbilligung schon bei einem Urlaub im heurigen Sommer bemerkbar machen, hofft die Kommission. Eine Übergangsfrist ist im Verordnungsvorschlag jedenfalls nicht vorgesehen.
PS: Erwägungsgrund 1 des Vorschlags für die Roaming-Verordnung beginnt übrigens so:
"Das hohe Niveau der Preise, die von den Nutzern öffentlicher Mobilfunknetze für die Verwendung ihres Mobiltelefons auf Reisen innerhalb der Gemeinschaft verlangt werden, wird von den nationalen Regulierungsbehörden als besorgniserregend eingeschätzt."
Ich finde nach wie vor, man hätte auch die Worte von Malvina Reynolds - "I've been roaming everywhere / Never been satisfied anywhere" - nehmen können.

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