Tuesday, November 21, 2006

agency design, ten years after

Natürlich war schon mit der Veröffentlichung des Konsultationspapiers zum "Review 2006" klar, dass die Diskussion um eine europäische Regulierungsbehörde wieder kommen wird, auch wenn dort noch verschämt bloß von "Gemeinschaftsmaßnahmen" bei der Genehmigung von gesamteuropäischen Diensten und von einer Ausdehnung des Vetorechts der Kommission im Artikel 7-Verfahren gesprochen wurde.
Erst nach Ablauf der Konsultationsfrist hat nun Kommissionsmitglied Viviane Reding in einer Rede ausdrücklich dieEinführung einer unabhängigen europäischen "Telekom-Behörde" (sic! Und was ist mit den Rundfunkübertragungsdiensten?) vorgeschlagen:
"For me it is clear that the most effective and least bureaucratic way to achieve a real level playing field for telecom operators across the EU would be to replace the present game of 'ping pong' between national regulators and the European Commission by an independent European telecom authority that would work together with national regulators in a system similar to the European System of Central Banks."
Neu sind die Überlegungen, eine Regulierungsbehörde auf europäischer Ebene einzurichten, keineswegs. So hat sich vor zehn Jahren etwa John Temple Lang, damals Direktor in der Generaldirektion Wettbewerb, in einer Rede eingehend damit befasst. Seine Ansicht war:
"It may come to be considered that telecommunications cannot be satisfactorily
regulated, to whatever extent may be thought necessary, by national regulators
working closely together and acting within a Community law framework. If this
conclusion is finally reached, a choice will have to be made between the more
radical options mentioned above [an Authority independent of the Community
institutions or a legal framework giving the Commission regulatory powers]."

In der Folge (bzw auch schon zuvor) gab es dann noch die eine oder andere Studie, bis die Kommission im "1999 Review" doch zum (vorläufigen) Ergebnis kam, keine europäische Behörde vorzuschlagen:
"The Commission considers at this stage that the creation of a European
Regulatory Authority would not provide sufficient added value to justify the
likely costs."
Damit war eine erste Phase des "agency design" vorerst einmal abgeschlossen, aber schon in der Studie von NERA und Denton Hall, Issues Associated with the Creation of a European Regulatory Authority for Telecommunications, im Jahr 1997 hatte es geheißen:
"The creation of a regulatory body for telecommunications at the level of the
European Union is likely to be an organic process, with regulatory functions
added to a new body as the need to do so becomes clearer."
Dass die europäische Regulierungsbehörde nun im aktuellen Anlauf wirklich kommt, scheint unwahrscheinlich, der Wink damit dürfte eher taktisch motiviert sein, um mehr Verhandlungsdruck für die Ausweitung der Vetomöglichkeiten der Kommission
aufzubauen.
Interessant wäre freilich, wie John Temple Lang heute zu einer Stärkung der Kommission bzw zur Schaffung eines europäischen Regulators steht: Temple Lang, der sein Studium am Trinity College 1957 abgeschlossen hat, ist zuletzt - gewissermaßen unter dem Motto "alter Mann und neuer Markt" - als Gutachter für die Deutsche Telekom im Streit um die "Regulierungsferien" für nach Ansicht der Telekom neue Märkte hervorgetreten (siehe etwa diesen Spiegel-Bericht); eine Position, die in deutlichem Widerspruch zu jener der Kommission steht.

PS: Die oben gezeigte Skizze stammt aus der Studie von Analysys Ltd und Squire, Sanders & Dempsey L.L.P., "Adapting the EU Telecommunications Regulatory Framework to the developing multimedia environment" aus dem Jahr 1998 (Executive summary, Main report, Annex1, Annex2a, Annex2b, Annex2c).

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