"Richter wie Schakale": Scalias starke Worte zu "fleeting expletives"
Antonin Scalia, Richter am US Supreme Court, ist nicht nur für seine konservativen Ansichten bekannt, sondern auch für seine starken Worte und oft untergriffigen Bemerkungen über Richterkollegen. Der "Kuhmist in der Prada-Tasche"-Fall FCC v. Fox (siehe dazu schon hier, hier und hier), in dem gestern die Entscheidung verkündet wurde, bot ihm dazu wieder Gelegenheit.
Der Fall selbst ist weniger wegen der Frage interessant, ob man amerikanische Kinder wirklich vor exakt sieben Worten schützen muss, auch wenn sie bloß flüchtig geäußert werden, sondern wegen der Auseinandersetzung über die gerichtliche Kontrolle von (unabhängigen) Regulierungsbehörden, über die es zwischen den Richtern Scalia und Breyer unterschiedliche Auffassungen gibt. Knapp zusammengefasst: Breyer - seine Auffassung blieb in der Minderheit - meint, dass die FCC als unabhängige Regulierungsbehörde sich nicht einfach nach dem politischen Wind richten darf und es daher eine strenge gerichtliche Kontrolle geben muss; im Falle von Policy-Änderungen auch über die ausreichende Begründung der vorgenommenenn Änderungen. Scalia, der die Mehrheitsmeinung verfasste, meint dagagen, dass die FCC nur von der Einflussnahme des Präsidenten geschützt sein soll, nicht aber von politischem Druck aus dem Kongress. Es gäbe keinen Grund, schreibt Scalia, dass sich Bundesrichter - wie Schakale, die dem Löwen die Beute stehlen - etwas von jener Macht aneignen, die der Kongress dem Präsidenten entrissen hat. (Im Original: "There is no reason to magnify the separation-of-powers dilemma posed by the Headless Fourth Branch, […] by letting Article III judges—like jackals stealing the lion’s kill—expropriate some of the power that Congress has wrested from the unitary Executive.")
Scalia hat damit immerhin vier seiner Kollegen am Supreme Court, die gegen die Mehrheitsentscheidung stimmten, mit Schakalen verglichen - und anders als bei den "fleeting expletives", um die es in diesem Fall auch ging, kann man wohl kaum sagen, dass es sich dabei um flüchtige Bemerkungen handelt, die ihm bloß "herausgerutscht" sind.
Hier noch die Auseinandersetzung Breyer / Scalia im Wortlaut; zunächst aus Breyers dissenting opinion:
Update15. Jänner 2010: Zum neuerlichen Hearing vor dem Second Circuit Court of Appeals siehe den Bericht bei informationoverlord und die Aufzeichnung der Verhandlung auf C-Span.
Der Fall selbst ist weniger wegen der Frage interessant, ob man amerikanische Kinder wirklich vor exakt sieben Worten schützen muss, auch wenn sie bloß flüchtig geäußert werden, sondern wegen der Auseinandersetzung über die gerichtliche Kontrolle von (unabhängigen) Regulierungsbehörden, über die es zwischen den Richtern Scalia und Breyer unterschiedliche Auffassungen gibt. Knapp zusammengefasst: Breyer - seine Auffassung blieb in der Minderheit - meint, dass die FCC als unabhängige Regulierungsbehörde sich nicht einfach nach dem politischen Wind richten darf und es daher eine strenge gerichtliche Kontrolle geben muss; im Falle von Policy-Änderungen auch über die ausreichende Begründung der vorgenommenenn Änderungen. Scalia, der die Mehrheitsmeinung verfasste, meint dagagen, dass die FCC nur von der Einflussnahme des Präsidenten geschützt sein soll, nicht aber von politischem Druck aus dem Kongress. Es gäbe keinen Grund, schreibt Scalia, dass sich Bundesrichter - wie Schakale, die dem Löwen die Beute stehlen - etwas von jener Macht aneignen, die der Kongress dem Präsidenten entrissen hat. (Im Original: "There is no reason to magnify the separation-of-powers dilemma posed by the Headless Fourth Branch, […] by letting Article III judges—like jackals stealing the lion’s kill—expropriate some of the power that Congress has wrested from the unitary Executive.")
Scalia hat damit immerhin vier seiner Kollegen am Supreme Court, die gegen die Mehrheitsentscheidung stimmten, mit Schakalen verglichen - und anders als bei den "fleeting expletives", um die es in diesem Fall auch ging, kann man wohl kaum sagen, dass es sich dabei um flüchtige Bemerkungen handelt, die ihm bloß "herausgerutscht" sind.
Hier noch die Auseinandersetzung Breyer / Scalia im Wortlaut; zunächst aus Breyers dissenting opinion:
“I begin with applicable law. That law grants those in charge of independent administrative agencies broad authority to determine relevant policy. But it does not permit them to make policy choices for purely political reasons nor to rest them primarily upon unexplained policy preferences. Federal Communications Commissioners have fixed terms of office; they are not directly responsible to the voters; and they enjoy an independence expressly designed to insulate them, to a degree, from “‘the exercise of political oversight.’” […] That insulation helps to secure important governmental objectives, such as the constitutionally related objective of maintaining broadcast regulation that does not bend too readily before the political winds. But that agency’s comparative freedom from ballot-box control makes it all the more important that courts review its decision making to assure compliance with applicable provisions of the law—including law requiring that major policy decisions be based upon articulable reasons. …Die Antwort Scalias, in der Mehrheitsmeinung:
[T]he FCC’s answer to the question, “Why change?” is, “We like the new policy better.” This kind of answer, might be perfectly satisfactory were it given by an elected official. But when given by an agency, in respect to a major change of an important policy where much more might be said, it is not sufficient.” [Betonung hinzugefügt]
"JUSTICE BREYER purports to “begin with applicable law,” [...] but in fact begins by stacking the deck. He claims that the FCC’s status as an “independent” agency sheltered from political oversight requires courts to be “all the more” vigilant in ensuring “that major policy decisions be based upon articulable reasons.” Not so. The independent agencies are sheltered not from politics but from the President, and it has often been observed that their freedom from presidential oversight (and protection) has simply been replaced by increased subservience to congressional direction. […] Indeed, the precise policy change at issue here was spurred by significant political pressure from Congress. Regardless, it is assuredly not “applicable law” that rulemaking by independent regulatory agencies is subject to heightened scrutiny. […] There is no reason to magnify the separation-of-powers dilemma posed by the Headless Fourth Branch, […] by letting Article III judges—like jackals stealing the lion’s kill—expropriate some of the power that Congress has wrested from the unitary Executive.” [Betonung hinzugefügt]Ob die Beschränkung auch der fleeting expletives verfassungsrechtlich zulässig ist, hat der Supreme Court übrigens nicht entschieden, da diese Frage in der Unterinstanz nicht Gegenstand war.
Update15. Jänner 2010: Zum neuerlichen Hearing vor dem Second Circuit Court of Appeals siehe den Bericht bei informationoverlord und die Aufzeichnung der Verhandlung auf C-Span.
Labels: FCC, Medienrecht, regulator, SCOTUS
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