Burg-Schauspiele mit gerichtlichem Nachspiel
Aus aktuellem Anlass ein Hinweis auf ein (deutsches) Urteil zu einem Sendeformat, das "erkennbar darauf anlegt [war], dass sich die Teilnehmer zur Belustigung des Publikums bloßstellen und zum Teil entwürdigen, wohl um ihre eigene Bekanntheit zu steigern." Betroffen war allerdings nicht das RTL-"Dschungelcamp", sondern die 2005 ausgestrahlte ProSieben-Reality-Show "Die Burg" (von Oliver Kalkofe als "Teletrash der ganz fiesen Art für geschmacksresistente Allesglotzer" bezeichnet). Zwei Teilnehmer dieser Show waren in der Sendung aneinandergeraten (im Urteil des LG Berlin heißt es, die Beklagte habe "- offenbar dem Stil der Sendung entsprechend - handgreiflich reagiert"), und trafen sich dann, schon zum zweiten Mal in dieser Sache, vor Gericht wieder.
Wer sich den Ausgangspunkt des Streits wirklich ansehen will, hat hier auf YouTube dazu Gelegenheit; eine Zusammenfassung findet sich auch im Urteil des Landgerichts Berlin (siehe dazu auch hier; den Hinweis auf das Urteil verdanke ich Telemedicus):
Wer sich den Ausgangspunkt des Streits wirklich ansehen will, hat hier auf YouTube dazu Gelegenheit; eine Zusammenfassung findet sich auch im Urteil des Landgerichts Berlin (siehe dazu auch hier; den Hinweis auf das Urteil verdanke ich Telemedicus):
Die Beklagte hatte (aufrechnungsweise) einen Schmerzengeldanspruch geltend gemacht, da sie meinte, durch die Handlungen des Klägers "vor einem Millionenpublikum erniedrigt worden" zu sein, was besonders schwerwiegend sei, weil sie "von ihrem positiven Image lebe". Das LG Berlin konnte dem nichts abgewinnen, weil"Der Kläger und die Beklagte traten im Jahr 2004/2005 in der Sendung 'Die …' auf, die von dem Sender … bundesweit ausgestrahlt wurde und in der eine Reihe von Prominenten und solchen, die sich dafür halten, unter vermeintlich mittelalterlich Umständen lebten. Die Mitspieler wurden dabei in die Gruppen 'Adel' und 'Pöbel' eingeteilt. Der Kläger gehörte zum Pöbel', die Beklagte zum 'Adel'.Am 31.01.2005 verlangte die Beklagte vom 'Pöbel', man solle ihr ein heißes Bad zubereiten. Der Kläger und ein weiterer Mitspieler dieser Gruppe bereiteten daraufhin das Bad und urinierten vor laufender Kamera in das Wasser. Die Beklagte tauchte lediglich einen Arm in das Badewasser, wurde jedoch rechtzeitig gewarnt, so dass sie letztlich nicht in dem Wasser badete. Als die Beklagte die gemeinsamen Aufnahmen beim Abendessen am selben Tag sah, schlich sie sich von hinten mit einer Schüssel roter Marmelade an den Kläger heran, der dem Bildschirm zugewandt saß und beschmierte ihn im Gesicht mit Marmelade. Die Beklagte wurde daraufhin von einem Schlag an ihrem Kopf getroffen. Die genauen Umstände dieser Auseinandersetzung sind streitig."
"nicht erkennbar ist, dass die Beklagte gerade wegen der Handlungen des Klägers in besonderer Weise der Lächerlichkeit preisgegeben worden wäre. ... Zudem hat die Beklagte weder geltend gemacht noch ist dies sonst ersichtlich, dass sie verlangt hätte, dass die betreffenden Teile der Sendung nicht ausgestrahlt oder zumindest nicht wiederholt werden, womit sie ohne weiteres hätte verhindern [können], dass ihr, wie sie vortragen lässt, 'positives Image', von dem sie lebe, Schaden nimmt. Schließlich hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte in einer früheren auf einem ähnlichen Prinzip basierenden Sendung freiwillig in einen Bottich voller Gülle gestiegen ist. Wenn die Beklagte aber aus freien Stücken ihren Körper in flüssigen Tierfäkalien taucht, ist unklar, weshalb sie dadurch der Lächerlichkeit preisgegeben worden sein soll, dass sie ihre Hand in mit menschlichem Urin versetztes Badewasser hält."Deutliche Worte - ein grober Klotz auf einen groben Keil, und hier wohl angebracht, zumal man sich nicht ganz des Eindrucks erwehren kann, dass auch die Auseinandersetzung vor Gericht den Streitparteien vor allem dazu dienen sollte, "ihre eigene Bekanntheit zu steigern" (vielleicht ist die konsequente Anonymisierung im Urteil, trotz des von den Beteiligten öffentlich gemachten Falles, auch einfach ein subtiler Versuch, dieses Anliegen ein wenig zu unterlaufen). Telemedicus hat allerdings - unter Hinweis auf die Laserdrome-Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichts - zurecht angemerkt, dass es fraglich ist, wie weit man mit der Teilnahme an Reality-Shows tatsächlich in jede erdenkliche Persönlichkeitsrechtsverletzung einwilligt und überhaupt einwilligen kann.
Labels: Deutschland, Persönlichkeitsrecht, Rundfunk
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