Tuesday, July 08, 2008

Eine "besonders obskure" Klage: EuG zu TF1/Kommission

Wie man eine Klage gegen eine Beihilfenentscheidung der Kommission nicht verfassen soll, lässt sich aus dem Beschluss des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 19.5.2008 in der Sache T-144/04 TF1/Kommission gut herauslesen.

TF1, privater französicher Fernsehveranstalter, klagte gegen die Entscheidung der Kommission vom 10.12.2003 über die staatlichen Beihilfen, die Frankreich zugunsten von France 2 und France 3 gewährt hat. In dieser Entscheidung hatte die Kommission festgestellt, dass die Beihilfen (Investitionszuschüsse und Kapitalerhöhungen in den Jahren von 1988 bis 1994) nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

Auf materielle beihilfenrechtliche Fragen musste das EuG nicht eingehen, denn die Klage von TF1 war schon aus formalen Gründen als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Der Beschluss (derzeit noch nicht in deutscher oder englischer Sprache verfügbar) lässt an der Klage kein gutes Haar. Außer Behauptungen, denen keine Begründung folgte, war da offenbar nicht viel zu lesen, und wenn, dann war damit nicht viel anzufangen: Der Klage fehlte schon das nötige "Mindestmaß an Klarheit und Präzision" (Rz 39), um nach Art 44 der Verfahrensordnung des Gerichts in Behandlung genommen zu werden. Die Klagsschrift wird auch als "peu clair" (Rz 45) bezeichnet, sie enthielt "termes incertains" (Rz 52) oder "termes imprécis et lacunaires" (Rz 56) - ähnliche kritische Anmerkungen ziehen sich durch den ganzen Beschluss. In Rz 52 wird ein Vorbringen der Klägerin sogar als "particulièrement obscurs" bezeichnet, was auch dann kein besonderes Kompliment für die Klagsschrift ist, wenn man es nicht mit "besonders obskur", sondern richtigerweise wohl eher mit "besonders dunkel" übersetzt.

Aus der ganzen Klage wurde das EuG somit nicht schlau, was die Klägerin eigentlich genau an der Entscheidung der Kommission rechtlich in Frage stellte. Dass die Kommission "mehrere wichtige Elemente" nicht berücksichtigt habe, die zu einer gegenteiligen Entscheidung hätten führen müssen, reicht eben nicht aus, wenn diese wesentlichen Punkte nicht dargelegt werden.

Die Klage stützte sich auch auf eine unrichtige Anwendung der Transparenzrichtlinie (80/723/EWG in der Fassung 2000/52/EG) und rügte in diesem Zusammenhang eine "application inexacte" des Protokolls von Amsterdam. Dieses Vorbringen wurde zwar ebenso als unklar und lückenhaft beurteilt, das EuG ließ sich aber den Hinweis nicht nehmen, dass die Klägerin hier auch inhaltlich vollkommen daneben lag: für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume (1988 bis 1994) war die im Jahr 2000 erfolgte Änderung der Transparenzrichtlinie, natürlich noch gar nicht anwendbar (und was die Berufung auf das Amsterdamer Protokoll sollte, wurde in der Klage gar nicht erst ausgeführt).

Alles in allem also kein Ruhmesblatt für die Klägerin (oder deren Klagsvertreter Hordies und Smits), wenngleich es sich in dieser Sache - wie bei Rundfunk-Beihilfensachen häufig - wohl eher um die juristische Begleitmusik zu einem politischen Anliegen gehandelt haben dürfte, sodass die juristische Durchdringung nicht oberste Priorität gehabt haben dürfte.

PS: Das EuG meint übrigens - in Rz 52 - dass ein Fernsehzuschauer zur gleichen Zeit jeweils nur nur ein Programm anschauen kann. Nun mag zwar stimmen, dass man nur einem Programm (falls überhaupt) folgen kann, anschauen könnte man freilich - mit einer einfachen Bild im Bild Funktion - auch mehr.

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